Einsam Zweisam

Einsam Zweisam

Zwei einsame Herzen in Paris suchen übers Internet nach der Liebe des Lebens. Dabei kann sie doch so nah sein. Oder nicht?

17.12.2019

Von Dorothee Hermann

Einsam Zweisam

Was ist bloß passiert mit der Welt? Statt der überschäumenden guten Laune der Studierenden-WG in Barcelona, die manchem schon 2002 ein wenig aufgesetzt vorgekommen sein mochte, regiert die Einsamkeit. Und das ausgerechnet in Paris, das alle Romantikerinnen und Romantiker noch immer als Welthauptstadt der Erotik betrachten.

Ohne voneinander zu wissen, sind Mélanie (Ana Girardot) und Rémy (François Civil) Nachbarn in Sichtweite von Montmartre. Die Kamera folgt den beiden 30-Jährigen durch die Metro, in ihre Singlewohnungen sowie bei der Arbeit in einem Labor (Mélanie) und in einer riesigen Lagerhalle (Rémy). Auffallend viele seiner Kolleginnen und Kollegen tragen gelbe Warnwesten und sollen bald durch Roboter ersetzt werden.

Während Rémy die berufliche Unsicherheit belastet, obwohl er selbst womöglich gar nicht entlassen wird, steht Mélanie als Nachwuchsforscherin, die sich noch beweisen muss, unter Leistungs- und Zeitdruck. Nach der Arbeit wartet auf beide eine leere Wohnung. Sie schlafen zu viel (Mélanie) oder zu wenig (Rémy) und suchen schließlich psychotherapeutische Hilfe.

Der französische Regisseur Cédric Klapisch hält die beiden Figuren in einer schwebenden Balance. Nur dem Zuschauer drängt sich sofort auf, wie ähnlich sie sich sind und wie weit voneinander entfernt.

In ihrem Viertel scheint der Inhaber des Supermarché oriental (Simon Abkarian als Mansour) einer der wenigen, der noch mit allen redet und auch ein bisschen etwas weiß über seine Kunden. Mélanie und Rémy haben sich notgedrungen bei den sozialen Medien angemeldet, die wie im Katalog reihenweise Fotos von Wunschkandidaten oder -kandidatinnen liefern.

Trotz des Überangebots an Sehnsuchtsbildern bleiben die Menschen kühl in Bewegung und gleiten aneinander vorbei. Mélanie leidet noch immer unter der Trennung von ihrem Freund. Die Gründe für Rémys Traurigkeit sind schwieriger zu ergründen. Anders als der alberne deutsche Titel verweist das Original „Deux Moi“ noch stärker auf die monadenhafte Isolation der beiden Protagonisten.

Geht die wachsende Isolation in Zeiten der sozialen Medien typisch französisch an: nicht zu leicht und nicht zu schwer.

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Erstellt:
17.12.2019, 14:53 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 00sec
zuletzt aktualisiert: 17.12.2019, 14:53 Uhr

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