Emma

Emma

Die hochnäsige Emma will im England des 19. Jahrhunderts ihre Freundin verkuppeln, wird jedoch selbst Opfer ungewollter Avancen.

03.03.2020

Von Dorothee Hermann

Pastellig wie eine besonders exquisit gestylte Konfektschachtel entfaltet sich der Kostümfilm um die snobistische junge Erbin Emma Woodhouse (bemerkenswert ungefällig: Anya Taylor-Joy). Um das Jahr 1800 herum bewohnt sie mit ihrem Vater einen kleinen Landsitz in der Nähe von London und vertreibt sich die Langeweile mit dem Stiften von Ehen.

Nach dem ersten visuellen Zuckerschock kapiert man schnell, wie grandios die US-amerikanische Regisseurin und Fotografin Autumn de Wilde das Ganze durchkomponiert hat. Die betonte Künstlichkeit der Bildsprache stellt sofort eine Distanz her zum unbestechlichen Realismus der englischen Schriftstellerin Jane Austen, deren Roman erstmals 1815 erschien (schon damals mit deutlichem Satire-Anteil, den bereits die Zeitgenossen schätzten).

Im Konditorenstil markiert die Kino-Adaption genüsslich die Fallhöhe zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Sphären und bringt listig das Subversive am Dekorativen ins Spiel: etwa in der erstaunlichen Parade weiblicher Hauben und Hüte, wie man sie heutzutage allenfalls noch bei gewissen Pferderennen sieht.

Die kleinen Landsitze, die die angeseheneren der Romanfiguren beherbergen, sind im Film schlossähnlich aufgepeppt – wie es dem Selbstbild ihrer Besitzer entsprechen mochte – und prunken teilweise mit unbezahlbaren Gemälden an den hohen Wänden.

Der britische Altstar Bill Nighy (als Emmas Vater) hat bei seinem ersten Auftritt ein bisschen viel Schwung für den hypochondrischen alten Mr. Woodhouse, den er darstellt. Doch rasch findet er sehr glaubhaft in die Rolle (im Morgenmantel am lodernden Kamin). Allein das Wort „Schnee“ schlägt bei ihm ein wie derzeit nur die Panik um das Corona-Virus.

Der wohlhabende und besonnene Nachbar Mr. Knightley (Johnny Flynn), wie im Buch die Verkörperung von Vernunft, gesundem Menschenverstand und ethischer Geradlinigkeit, wirkt etwas jung für seinen Part. Doch wie der Roman macht der Film unmissverständlich klar: Um 1800 zählten nicht romantische Liebe und Sex, sondern die Notwendigkeit, was sozial und vor allem vermögensmäßig passte. Vorausgesetzt, man zählte überhaupt als Individuum und stand nicht wie die Dienstboten requisitenähnlich herum, zugleich formell und mitunter peinlich intim.

Bemerkenswerter Kostümfilm, der seine vordergründige Süßlichkeit immer wieder großartig satirisch zuspitzt.

Emma