Jungfrauendrama auf Cheerleaderbasis: sportlich, lehrreich, sehenswert.

Girls United

Jungfrauendrama auf Cheerleaderbasis: sportlich, lehrreich, sehenswert.

24.11.2015

Von che

Girls United

Teenie-Leid mit Kirsten Dunst: "Girls United" und "Virgin Suicides"

Erwachsenwerden ist ein Drama, von dem es so viele Varianten wie junge Menschen gibt.

Beispiel eins: Die Anführerin eines Cheerleading-Teams (das ist in Amerika die schulische Tanzperformance-Truppe) stürzt in existenzielle Verzweiflung, als sie herauskriegt, dass alle ihre originellen Nummern von der afroamerikanischen Konkurrenz abgekupfert sind.

Beispiel zwei: Fünf Schwestern aus Detroit entfliehen dem Zwangskorsett ihres wahnhaft sittenstrengen Elternhauses, indem sie gemeinschaftlich Selbstmord begehen. Wir merken: Der auf Teenagern der amerikanischen Mittelschicht lastende Leidensdruck kann sehr unterschiedlich sein. Hier der zum Lebenselixier aufgeschäumte sportliche Ehrgeiz eines adretten Schulmädchens. Dort die dumpfe Familien- und Vorstadthölle, deren einziger Ausgang in den Freitod führt.

"Girls United" und "The Virgin Suicides" - beide mit der begabten Kirsten Dunst in der Hauptrolle derart gegeneinander auszuspielen, wäre allerdings vermessen. Beide Filme sind auf ihre Art reizvolle Kino-Erlebnisse.

"The Virgin Suicides" führt uns zurück in die siebziger Jahre. Verantwortlich für die Selbstmord-Serie, so legt der Film nahe, ist eine altbacken religiöse Mutter, die ihre lebenshungrigen Töchter von allen Gleichaltrigen und deren pubertärem Erfahrungsschatz fernhält; die sie unbarmherzig gegen die Gefahren des Erwachsenwerdens in häuslicher Isolationshaft abschottet. Höhepunkte des Daseins sind die täglichen Fernsehabende mit "Wildtieren in der Kalahari".

Die Regisseurin Sofia Coppola, Tochter des berühmten Francis Ford, protokolliert diesen Kleinbürger-Horror sachlich-nüchtern aus ganz bewusst gewählter historischer Distanz. Das hat den Vorteil, dass die Tragödie nicht zum sentimentalen Rührstück erniedrigt wird. Und den Nachteil, dass es kaum gelingen will, einen Blick in die Tiefen der offenbar tödlich verwundeten Mädchen-Seelen zu werfen. So kühl ist dieser Film inszeniert, dass einen die Schicksale beinahe kalt lassen.

Warum der - in Amerika und anderswo gewiss nicht seltene - Terror gegen die eigenen Kindern gerade in diesem speziellen Fall in ein Blutbad mündet, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Am Ende steht nichts als verstörende Ungewissheit. Die tiefere Ursache der Katastrophe ist ein bleischwer auf den Überlebenden (und uns Zuschauern) lastendes Geheimnis.

Wer aus dem Kino lieber Lehren fürs Leben mitnimmt, ist bei "Girls United" besser aufgehoben. Der schmissig inszenierte Schulhof-Film hebt den an Besessenheit grenzenden Sportsgeist amerikanischer Jugendlicher nämlich nur aufs Podest, um ihn hinterher umso gründlicher demontieren zu können. Erfolg, so lernen wir, hat nur dann einen Wert, wenn er sich mit Respekt, Mitgefühl und sozialer Verantwortung paart. Im Zeitalter der schon Jugendlichen antrainierten Turbo-Ellbogen sieht man so etwas gern. Was die an Kraftmeier-Possen wie "American Pie" geschulte Zielgruppe mit solchen Botschaften anfängt - wer weiß?