Berührend und witzig: Schwules (Über-)Leben in der schwäbischen Provinz.

Ich kenn keinen - Allein unter Heteros

Berührend und witzig: Schwules (Über-)Leben in der schwäbischen Provinz.

24.11.2015

Von che

Ich kenn keinen - Allein unter Heteros

In Großstädten werden sie als Trendsetter und kaufkräftige Kundschaft sehr geschätzt. Auf dem platten Land dagegen sind Homosexuelle nach wie vor nicht sehr gern gesehen. Der Regisseur Jochen Hick ist vom schwul regierten Berlin zu einer Bestandsaufnahme in die schwäbische Provinz aufgebrochen. Er porträtiert sechs Männer, die insofern etwas untypisch sind, als sie sich auf die Gefahr des sozialen Todes hin irgendwann ihrem Umfeld geoutet haben.

Da ist Hartmut aus Albstadt, der sich mit 51 nach seiner HIV-Infektion seinem Stammtisch als schwul offenbart hat. Oder Fortswirt Stefan aus Oberschwaben, dessen Arbeitskollegen beim Vesper schon mal übers Vergasen witzeln. Oder der Rentner Richard, der den Nationalsozialismus unversehrt überstanden hat und heute nach einer langen Emanzipations-Reise mit seinem Partner in spießbürgerlicher Harmonie zusammenlebt.

Trotz allen Leids, das durch ihre Lebensgeschichten schimmert, ist „Ich kenn keinen ? Allein unter Heteros? weder ein depressiver Problemfilm noch zorniges Hinterwäldler-Bashing; eher ein Denkmal für jene, die mit dem Mut der Verzweiflung und viel (Galgen-)Humor ihre sexuelle Orientierung auf feindlichem Terrain behaupten.

Und vor allem sind Hicks Protagnonisten, jeder auf seine Art, witzige Gesellen, die den Film zu einer durchweg vergnüglichen Sache machen. Auch die Geiferer und Gutmenschen der Gegenseite tragen ihren Teil zum komödiantischen Grundton bei. Amüsieren darf man sich schon deswegen, weil Hicks Film nebenbei auch dies deutlich macht: Offene Schwulenhatz ist selbst in der tiefsten Provinz nicht mehr angesagt. Selbst am Stammtisch im Albflecken wird heute schon mal kontrovers über Homosexualität debattiert.