Aussitzen, abwarten, von besseren Zeiten träumen: Das waren die Achtziger!

Liegen lernen!

Aussitzen, abwarten, von besseren Zeiten träumen: Das waren die Achtziger!

24.11.2015

Von che

Liegen lernen!

Neulich „Verschwende deine Jugend?, demnächst „Herr Lehmann? und mittendrin „Liegen lernen?: Das deutsche Kino hat die achtziger Jahre entdeckt. Erfreulich ist, dass diese Filme mit dem Revival-Hype der Fernsehshows wenig am Hut haben, dass es ihnen mehr um das universell Gültige als das zeittypisch Kuriose geht. Den Eighties-Spirit haben sie trotzdem: Alle drei handeln vom Erwachsenwerden von Menschen, die nach heutigen Maßstäben längst erwachsen sein müssten: Ausdruck einer Zeit, als schnelle Karriere und ewige Adoleszenz noch gleichwertige Optionen waren.

In „Liegen lernen? geht es um die Macht der ersten Liebe. Oberschüler Helmut (Fabian Busch) hat sich vom schärfsten Mädchen seiner Klasse erobern lassen. Doch nach ein paar Schäferstündchen sucht die flatterhafte Ökopax-Aktivistin das Weite, und lässt Helmut mit blutendem Herzen zurück. Die Erinnerung an die Verflossene beschattet fortan all seine weiteren Liebschaften. Diese schildert uns Regisseur Hendrik Handloegten in einer Reihe von Episoden, die bis ans Ende der neunziger Jahre reichen, als sich unser Held endlich von seinem pubertären Wahnbild befreit (sprich: erwachsen wird).

Wer da nun ein beziehungskomödiantisches oder beziehungsdramatisches Feuerwerk nahen sieht, ist auf dem Holzweg. Es ist vielmehr ganz spartanischer Alltag, den der Regisseur (dicht am Roman von Frank Goosen) mit fast schon provozierendem Gleichmut an uns vorbeiplätschern lässt, eine ewige Wiederkehr des Kennenlernens, Aneinandergewöhnens und Auseinanderlebens. Dramatischer Höhepunkt ist Helmuts Seitensprung mit einer WG-Genossin; die Komik beschränkt sich auf ein paar knappe Karikaturen (etwa von Helmuts spießigen Eltern). Und Helmut selbst ist ein lahmer Schluffi, dem das Leben eher zustößt als dass er es anpackt. Ein dickfelliger Aussitzer wie ein anderer Helmut, dessen Regierungszeit den Rahmen des Films bildet.

Doch genau diese Anhäufung von Gewöhnlichkeiten entfaltet zunehmend den Reiz des Authentischen. Das unspektakuläre „small than life? bildet einen Sog des Auch-schon-mal-Erlebten ? zumindest für Jungs, die in den Achtzigern zum ersten Mal geküsst wurden.

Zum stimmigen Sitten- und Charakterbild trägt auch die sparsame, aber unerhört präzise Verwendung des Zeitkolorits bei: Der Schmachtschlager „Words? von F. R. David aus einem LoFi-Kassettenrecorder bringt die in Wahrheit gar nicht wilden Achtziger eben erheblich besser auf den Punkt als das ganze NDW-Punk-Revival-Gedöns.