Roadmovie und romantischer Thriller von Wim Wenders um Leben und Tod und um die Erlösung in der Liebe.

Palermo Shooting

Roadmovie und romantischer Thriller von Wim Wenders um Leben und Tod und um die Erlösung in der Liebe.

23.11.2015

Von Karin Zintz

14.09.2015 Palermo Shooting
© null 01:57 min

Siehe auch: Interview mit Dennis Hopper - "Ich bedauere nichts"

Wim Wenders umkreist mit seinen Filmen immer wieder die großen Themen zwischen Liebe, Leben und Tod. Dabei bedient er sich auch der Formen des Genrekinos, um seine Botschaften in Geschichten zu verpacken. "Palermo Shooting " kommt oberflächlich als knackiger Thriller daher: Ein Lifestyle-Fotograf aus Düsseldorf wird von einem mysteriösen Mann mit Pfeil und Bogen bedroht. Doch im Kern stellt das Werk mit Campino, Bandleader der "Toten Hosen", als Hauptdarsteller vor allem die Frage, wie der Mensch dem Tod begegnen kann.

Campino spielt den Fotografen Finn, der sich nicht von der kommerziellen Modefotografie trennen kann, um sich ganz der Kunst zu widmen. Campino ist zwar kein großer Schauspieler, aber er stapft authentisch und lässig durch die Bilder. Man merkt ihm an, dass auch er Exzesse kennt, Grenzen erfahren hat, reifer geworden ist.

Finns Leben ist hektisch, oberflächlich, beziehungslos. Er sieht keine echten Bilder mehr, sondern gestaltet sie am Computer um. Er sucht nicht nach der Wahrheit, sondern nach dem Kick. "40 Jahre leben - und was bleibt, ist nur ein dicker Kopf", denkt er sich nach einer durchfeierten Nacht. Das hochschwangere Supermodel Milla Jovovich beschwert sich nach einem spektakulären Shooting bei ihm, ihr dicker Bauch sei doch nur ein Ausstattungsteil gewesen.

Nach einer Beinahe-Kollision mit einem "Geisterfahrer" ist Finn von der Rolle. Schon seit langem plagen ihn Alpträume. Noch eine letzte Fotoreise mit Milla nach Palermo - dann will er sein Leben überdenken. In Palermo begegnet er dem Tod auf Schritt und Tritt. Nicht nur in der Architektur und Kunst der sizilianischen Stadt, die "wie keine andere den Tod feiert", wie Wenders sagt. Ein rätselhafter Mann schießt Pfeile auf Finn ab und versetzt ihn in Todesangst. Mit Hilfe einer Restauratorin sucht er den Bogenschützen, begegnet dem leibhaftigen Tod (Dennis Hopper spielt ihn ganz zerbrechlich und leise) und findet Erlösung in der Liebe.

"Palermo Shooting" ist ein philosophischer Thriller. Er rockt zuerst, schlägt dann sehr leise Töne an und stellt letzte, spirituelle Fragen. Wenders und sein Kameramann Franz Lustig fangen die Handlung wieder in satten, traumhaft schönen Bildern ein, die über ein paar Längen hinwegtrösten. Manchmal wirken auch die eingesprochenen Gedanken von Finn ein wenig prätentiös und in ihrer Botschaft allzu plakativ. Doch die Essenz des Films berührt und hallt in ihrer Ernsthaftigkeit lange nach.

Palermo Shooting

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Erstellt:
23.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 15sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2015, 12:00 Uhr

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Askger 23.01.200912:00 Uhr

Ein kafkaesker Film. Absolut sehenswert!

Francis 30.12.200812:00 Uhr

Toller Film, eine Meditation über den Tod und darüber, dass es in kein richtiges im falschen Leben geben kann.

EdvSchleck 22.12.200812:00 Uhr

Problem Nr. 1: Hauptdarsteller Campino. Er gibt sich Mühe, überzeugt aber nicht; im Grunde genommen eine Fehlbesetzung. Problem Nr. 2: Eine dünne Story. Problem Nr. 3: Der Tod als Befreiung. Das ist er aber nicht. Hoffnung Nr. 1: Wenders sucht sich wieder exzellente Schauspieler, nicht irgendwelche Modells und Rock/Popsänger. Hoffnung Nr. 2: Es schreibt endlich einmal wieder einer ein substanziell gutes Drehbuch für WW. Hoffnung Nr. 3: Der Streit zwischen digitalem und analogem Bild interessiert nicht.

Horst Fleig 16.12.200812:00 Uhr

Prima! Alt- und Großmeister Wim Wenders legt nun, nach Kürzung der stark umstrittenen Filmversion von Cannes, die schnörkellose Aufbereitung einer Lebenskrise vor. Das ist für die sinnlich-ästhetische Anschauung ein Genuß (allein die Streifzüge durch Palermo sind atemberaubend), ist argumentativ überzeugend (Tod als immanente Bedrohung des falschen Lebens); und lohnt auch eine zweite Betrachtung, da sich eine mythologische Grundierung der Filmhandlung abzeichnet: So bereitet in den Rheinwiesen von Düsseldorf eine verkappte Hermesfigur (wie dieser ein Börsianer und zugleich Guter Hirte) den Helden Finn auf den anstehenden Gang zum Hades vor. Auch scheint sich in der reizend-nüchternen Restauratorin Flavia die Schutzpatronin Pallas Athene abzuzeichnen (mit Vespa-Helm statt mit dem altbekannten korinthischen Kriegshelm). Also, liebe Zuschauer, die Augen auf!