Sensibler Dokumentarfilm über das Verschwinden der "Tante-Emma-Läden".

Roger toupin

Sensibler Dokumentarfilm über das Verschwinden der "Tante-Emma-Läden".

24.11.2015

Roger toupin

Der Gegensatz könnte kaum größer sein: der Vater traditioneller Muslim, der Sohn moderner Franzose, kurz vorm Abi. Ein Gegensatz, der aus der Tiefe der Wirklichkeit kommt. Der Vater rollt seinen Gebetsteppich aus, der Sohn holt derweil sein Handy aus der Tasche. Kurze Zeit später wird es vom Vater heimlich entsorgt.

Vater und Sohn sind auf dem Weg nach Mekka, weil der Vater das so will. Der Sohn will es eigentlich nicht, beugt sich aber dem Willen des Vaters. Ganze Länder lang schweigen sich die beiden in der klapprigen Kiste, mit der sie unterwegs sind, an. Doch auf diesen 5000 Kilometern bricht allmählich das Eis zwischen den beiden Männern und ihren Welten. Und wie in den meisten Roadmovies ist auch in „Le grand voyage? von Filmtage-Gast Ismaël Ferroukhi der Weg das Ziel. Aus dem Machtkampf und den Demütigungen wächst eine neue Toleranz.

Solche Lernprozesse kommen im Kino oft gähnlangweilig daher. Nicht bei Ferroukhi, der auch das Drehbuch schrieb. Er fand wunderbare Darsteller für seine zwei Streithähne (Nicolas Cazalé und Mohamed Majd), und er beschreibt ihre Annäherung mit leiser Komik. Immer wieder hält die Kamera die Seitenblicke fest: mal die des Vaters auf den am Steuer sitzenden Sohn, mal umgekehrt. Es sind vorsichtige, prüfende Blicke, die auch in den schwachen Momenten des anderen nicht vom Triumph gezeichnet sind