The Good Liar - Das alte Böse

Der Zufall verliert rasch jede Leichtigkeit, wenn er sich gegen eine lange Lebensgeschichte behaupten muss. Die vermögende Witwe Betty (Helen Mirren) scheint davon nichts zu ahnen, als sie auf einer Dating-Plattform einem Treffen mit Roy (Ian McKellen) zustimmt.

Trotz seines Alters ist Roy ein Betrüger ganz großen Stils, und die unübersehbare Frage bleibt, ob Betty wirklich so naiv ist, einen Wildfremden mit eher betulichem Charme nach wenigen Tagen in ihr Vorstadthaus einziehen zu lassen. Ihr Enkel Steven (Russell Tovey) scheint nur das Offensichtliche auszusprechen, wenn er warnt: „Er ist ein Eindringling.“ Doch Betty reagiert verschnupft.

US-Regisseur Bill Condon („Mr. Holmes“; „Die Schöne und das Biest“) hat einen Roman des Briten und vormaligen Geheimdienstoffiziers Nicholas Searle verfilmt. Auf der Leinwand liefern sich die beiden Altstars einen stummen Wettstreit, wer wohl als erster die Täuschungen des anderen durchschaut. Doch das erinnert eher an ein Kammerspiel mit burlesken Zügen als an eine dynamische Betrugsszenerie.

Vielleicht liegt es am Oberlippenbart, dass Roy von Anfang an irgendwie verkleidet rüberkommt (von Gandalf, McKellens Gastauftritt im Tolkien-Universum, keine Spur, ebenso wenig wie

von seinen Shakespeare-Meriten). Bei Betty hingegen ist es ihr Haus, das seltsam keimfrei und kulissenhaft wirkt.

Zwei Reisen nach Berlin sollen die allzu unvermittelte Zweisamkeit auflockern und vielleicht sogar Erklärungen liefern. Doch das alles bleibt etwas zäh. Warum ein Mensch ein Doppelleben führt, warum ihm der Identitätswechsel zur notwendigen Routine geworden geworden ist, wird ziemlich simpel aufgelöst. Am Ende transportiert der Film die reichlich altbackene Moral: Wer kein Gentleman ist, wird auch nie einer.

Die zufällige Begegnung zweier altgewordener Datingpartner wächst sich zu komplexen Betrugsmanövern aus.