Und morgen die ganze Welt

Und morgen die ganze Welt

Eine Jura-Studentin protestiert gegen den Rechtsruck. Ihre neuen Freunde schrecken nicht vor Gewalt zurück, als sich die Ereignisse überstürzen.

29.10.2020

Von Madeleine Wegner

Und morgen die ganze Welt

Luisa studiert im ersten Semester Jura in Mannheim. Noch wohnt sie bei ihren Eltern, in einem luxuriösen Haus auf dem Land. Doch Luisa will auf eigenen Beinen stehen und in die Stadt ziehen, zu ihrer besten Freundin, die in einem besetzten Haus lebt. Luisa ist fasziniert von den engagierten Leuten im autonom geführten „P81“.

Hinzu kommt ihr Frust angesichts immer präsenter werdender extremer Rechte und populistischer Parolen, die ihr auch im Studium begegnen. Wie viel Macht haben Paragrafen da noch? Wie viel Protest ist nötig? Und vor allem: Welche Protestformen sind angemessen? Im P81 plant die lokale Antifa-Gruppe bereits ihre nächste Aktion. Doch die Meinungen gehen immer wieder auseinander: Die einen wollen den Protest um jeden Preis friedlich halten, andere sehen nur im gewaltbereiten Dagegenhalten eine Lösung. „Wir und ein paar Hippies, die friedlich protestieren – die lachen uns doch aus“, wird Luisa bald sagen. Gemeinsam mit dem charismatischen Anführer Alfa (Noah Saavedra) und dessen Kumpel Lenor (Tonio Schneider) plant sie immer riskantere Aktionen.

Das Trio findet irgendwann bei Dietmar (Andreas Lust) Unterschlupf. Der hat früher „Sachen in die Luft gejagt“, ist dafür in den Knast gewandert und heute politisch gänzlich unmotiviert. Er bildet einen wichtigen Gegenpol zu den jungen Wilden. Ursprünglich hatte die Berliner Regisseurin Julia von Heinz „Und morgen die ganze Welt“ als historische Geschichte geplant. Gemeinsam mit Ehemann John Quester hat sie das Drehbuch verfasst und die Geschichte in die Gegenwart geholt.

Ihr Polit-Drama feierte bei den Filmfestspielen in Venedig Premiere. Wie nun bekannt wurde, soll es als deutscher Kandidat ins Rennen um die Oscars gehen. An der Entstehung des Films ist übrigens auch ein Tübinger Unternehmen beteiligt gewesen. Mit seiner Firma „Bewegte Bilder“ hatte Carsten Schuffert die Postproduktion übernommen. Mit ihrer Kamera bleibt Daniela Knapp („Die fetten Jahre sind vorbei“) nah dran an den Figuren, die ihrerseits dafür die nötige Präsenz mitbringen, allen voran Mala Emde als Luisa (spielte bereits im romantischen Roadmovie „303“ die Hauptrolle).

Dieser hoch politische Film liefert keine fertigen oder eindeutigen Antworten. Er bleibt ambivalent und fordert zur Diskussion heraus. Nicht zuletzt wird hier außerdem deutlich, wie schnell Protestaktionen auch ungewollt oder zumindest ungeplant auf allen Seiten aus dem Ruder laufen können.

Vermittelt einen authentisch wirkenden Eindruck der Antifa-Szene. Bleibt ambivalent anstatt klare Antworten zu liefern.

Und morgen die ganze Welt

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Erstellt:
29.10.2020, 00:53 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 13sec
zuletzt aktualisiert: 29.10.2020, 00:53 Uhr

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