Hinreißende Liebesgeschichte, die sich um die 11/9-Hass-Kategorien einfach nicht schert.

Yes

Hinreißende Liebesgeschichte, die sich um die 11/9-Hass-Kategorien einfach nicht schert.

24.11.2015

Von Dorothee Hermann

Yes

Es ist mehr als eine Liebesgeschichte. „Er? ist ein libanesischer Chirurg, der im Londoner Exil als Koch arbeitet. „Sie? ist eine irisch-amerikanische Wissenschaftlerin, die in ihrem High-Tech-Labor alles Lebendige weit von sich weg rückt. Ihr elegantes Zuhause samt erfolgreichem, sie aber betrügenden Ehemann wirkt ähnlich steril. Zwischen den fleckenlosen Oberflächen der Möbel erscheint die Putzfrau als einzige Bewahrerin der Spuren des Menschlichen, von Schmutz, Staub und Haaren. Wenn sie anfängt, diese Spuren zu deuten, wird ein ironisch-philosophischer Subtext für den ganzen Film daraus.

Ihre Auftraggeber scheinen in der eisigen Sterilität der selbst geschaffenen Umgebung beinahe zu erstarren. Bis die (katholische) Wissenschaftlerin zufällig dem (muslimischen) Koch begegnet. In ihrer Welt zählt er nicht (wie die Putzfrau). Aber das wird er ihr erst nach der beglückenden Lust der ersten Verliebtheit vorwerfen. In die lässt sich die Rationalistin hineinfallen, obwohl sie nicht weiß, ob sie am Ende nur eine Demütigung erwartet.

Nicht umsonst heißt der Film „Yes?. Regisseurin Sally Potter („Orlando?, „Tango Lesson?) geht es nicht nur um eine amour fou. Sie blickt von außen auf die Kälte des (westlichen) Reichtums. Mit ihrer Bildsprache, die Elemente aus Überwachungskameras einblendet, und den durchweg in Shakespeare?schem Blankvers sprechenden Figuren entgeht sie virtuos jedem platten Realismus.