Branche am Boden...

... Deger Energie obenauf: Winfried Kretschmann besucht Solarspezialisten

Er ist der beliebteste Politiker im Land. Am gestrigen Donnerstag stattete er Horb einen Besuch ab. Winfried Kretschmann (Grüne) informierte sich bei Deger Energie über die aktuelle Lage der Solarenergiebranche und musste erneut feststellen, dass diese Energiewende kein Sonntagspaziergang wird.

12.02.2016

Von Benjamin Breitmaier

Der Unternehmensbesuch zeigte den Anwesenden schonungslos auf, wie schwer es Solarfirmen auf dem deutschen Markt haben (von links): Landtagskandidat der Grünen, Wolf Hoffmann, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Deger Energie-Geschärftsführer Hünkar Korkmaz mit seiner Frau Ömür.Bilder: Kuball

Der Unternehmensbesuch zeigte den Anwesenden schonungslos auf, wie schwer es Solarfirmen auf dem deutschen Markt haben (von links): Landtagskandidat der Grünen, Wolf Hoffmann, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Deger Energie-Geschärftsführer Hünkar Korkmaz mit seiner Frau Ömür.Bilder: Kuball

Horb. Drei Männer in einer Reihe – sie schlendern ohne Hektik durch die weitläufige Halle an der Industriestraße 70 des Industriegebiets Heiligenfeld. Zwei tragen Krawatte, der eine grün, der andere silber. Auf der von Hünkar Kormaz sind kleine Sonnen abgebildet. Er ist hier Hausherr. Deger Energie – einer von Horbs sogenannten „Hidden Champions“. Die beweglichen Solaranlagen der Firma spielen weltweit in der obersten Liga.

Ruhiger Stolz schwingt in Kormaz‘ Stimme, Begeisterung für die Sache: die innovative Nutzung der Energie unseres Zentralsterns. Hinter den drei Männern läuft ein Tross von 30 Leuten – Familie, Journalisten, Assistenten, Lokalpolitiker. Im Hintergrund stehen zwei Männer im schwarzen Anzug mit Funkgerät im Ohr – Personenschutz. Um das Gebäude kreist durchgehend ein Streifenwagen der Horber Polizei. Der Mann mit der blass-grünen Krawatte und den auf dem Rücken verschränkten Händen heißt Winfried Kretschmann – der Grüne Landesvater, Ministerpräsident und derzeit Wahlkämpfer. Das zeigt auch der grüne Bus mit seinem Conterfei, der an diesem Donnerstagmittag auf dem Deger-Energie-Parkplatz steht. Der dritte Mann heißt Wolf Hoffmann. Der Grüne Kreisrat ist Landtagskandidat für den Wahlkreis Freudenstadt.

Kormaz spricht darüber, wie seine Deger-Solarpanels bis zu sieben Prozent mehr Ertrag als die Konkurrenz aus der Sonne kitzeln, dass seine Ingenieure jede Neuheit im Horber Industriegebiet entwickeln und die Produkte des Spezialisten für Solarenergie in 58 Ländern dieser Erde abgesetzt werden. Kretschmann unterbricht ihn, stellt Fragen. Er hat sich vorbereitet. „Unsere Panels folgen nicht unbedingt der Sonne, sondern dem hellsten Punkt am Himmel“, erklärt Kormaz. Die Technologie nennt sich „Maximum Light Detextion“. In der Entwicklung des Unternehmens dreht sich gerade alles um Steuerungstechnik. „Ein kanadischer Betreiber will genau wissen, was bei seiner Anlage in Uganda vor sich geht.“

Kurzer Fotostopp vor einem der riesigen Panels. Die Temperatur liegt nur knapp über dem Gefrierpunkt. Kretschmanns Referent wirft ihm einen Mantel über. Der Rundgang geht zu Ende.

Erster Stock des modernen Bürogebäudes, Zeit für Gespräche. Der Ton wird ernster. Was Kormaz erzählt, dürfte dem Grünen Ministerpräsidenten definitiv nicht schmecken: Es waren harte Jahre, ein ganzer Markt wurde in den Jahren nach 2012 praktisch geschlachtet. In den Worten von Hünkar Korkmaz: „Hier wurde eine gesamte Branche platt gemacht.“ Deger hat nur überlebt, weil mittlerweile 95 Prozent der Produkte im Ausland abgesetzt werden. Vor allem von der Politik fühlt sich Kormaz im Stich gelassen. Einem Grünen Ministerpräsidenten müsste dieser Umstand im Herzen weh tun. „Ja“, sagt Kretschmann. Der 67-Jährige räuspert sich. „Es waren Faktoren, auf die wir keinen Einfluss hatten“, erklärt Kretschmann. Den Zusammenbruch der Branche erklärt er mit den Dumpingpreisen chinesischer Produkte, die den Markt überschwemmten. „Da war nichts zu machen.“ Auch beim Thema EEG-Reform „haben wir interveniert, konnten uns aber nicht durchsetzen“. Der Einfluss der Grünen im Bundesrat reichte damals nicht aus. Der Druck, die Strompreise zu senken, wäre zu hoch gewesen.

Doch die Energiewende gestaltet sich nicht nur bei der Solarenergie schwierig. Für Windkraft-Investoren gilt Baden-Württemberg weiterhin oft als roter Punkt auf der Landkarte. Hier hat Horb seine ganz eigene Geschichte mit dem Stopp des Windparks im großen Hau. Kretschmann hält aber weiterhin an seinem Ziel fest: Zehn Prozent der verbrauchten Landes-Energie soll bis zum Jahr 2020 aus Windkraft gewonnen werden. Das langsame Vorankommen schreibt er der Vorgängerregierung zu, die den Ausbau über Jahre blockiert hätte. „Erst jetzt ist der Knoten geplatzt. Die Zeiten sind Gott sei dank vorbei.“

Bleibt die Frage, ob Solarfirmen wie Deger Energie irgendwann wieder Fuß auf dem deutschen Markt fassen können. Korkmaz Antwort fällt hier deutlich aus: „Wir gehen kein Risiko ein, wir bleiben im Ausland.“

Mit seinem grünen Bus zieht der Landesvater derzeit durch Baden-Württemberg.

Mit seinem grünen Bus zieht der Landesvater derzeit durch Baden-Württemberg.

Bei den Ausführungen von Deger Energie-Chef Korkmaz hört auch Oberbürgermeister Peter Rosenberger (zweiter von rechts) aufmerksam zu.

Bei den Ausführungen von Deger Energie-Chef Korkmaz hört auch Oberbürgermeister Peter Rosenberger (zweiter von rechts) aufmerksam zu.

Zitate zum Wahlkampf

Kretschmann auf die Frage nach der Möglichkeit von einer großen Schwarz-Grünen Koalition: „Wir betreiben keine Ausschließeritis.“

Landtagskandidat Wolf Hoffmann zur Schwarz-Grün Frage: „Es gibt einige CDU-Politiker, mit denen ich gerne zusammenarbeiten würde, aber auch mit vielen nicht.“

Der Referent des Ministerpräsidenten: „Winterwahlkampf ohne Mantel geht nicht.“

Kretschmann zu den schlechten Umfrageergebnissen der Sozialdemokraten: „Ein Drittel der Wähler fällen ihre Entscheidung zum Schluss. Wir spekulieren nicht. Grün-Rot bleibt unser angestrebtes Projekt.“

Kretschmann zur AfD: „Ich weiß nicht, ob sie reinkommt. Es bleibt zu hoffen, dass durch deren Schießwut an der Grenze vielleicht einige aufwachen und uns das ersparen.“

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Erstellt:
12.02.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 12sec
zuletzt aktualisiert: 12.02.2016, 01:00 Uhr

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