Sabrina Mockenhaupt: Premiere mit Streckenrekord

Über 3300 Läufer und Läuferinnen beim 41. Nikolauslauf

Stargast Sabrina Mockenhaupt läuft bei ihrem Nikolauslauf-Debüt von Anfang an vorneweg. Bei den Männern gewinnt wieder Jens Ziganke.

04.12.2016

Von Bernhard Schmidt

Die Sonne machte sich am gestrigen Sonntagvormittag entgegen den optimistischen Prognosen im Tübinger Norden rar, die über 3300 Starter mussten sich bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt ausgiebig aufwärmen. Zu fetzigen Rockmusik-Klängen aus dem Lautsprecher schickte Tübingens Bürgermeisterin Christine Arbogast dann pünktlich von zehn Uhr an die Läuferkarawanen in Drei-Minuten-Abständen auf die bekannt buckelige und entsprechend anspruchsvolle Halbmarathonstrecke über 21 Kilometer.

Beim ersten Durchlauf am Heuberger Tor nach sieben Kilometern hatte sich eine vierköpfige Spitzengruppe gebildet. Vorjahressieger Jens Ziganke lief sich am Ende der Bettelweg-Rampe einen kleinen Vorsprung heraus, der für Intersport Räpple startende Pliezhäuser Peter Obenauer und der für Rechberghausen laufende Markus Weiß-Latzko und LAV-Langstreckler Lorenz Baum folgten in Sichtweite.

Klarer noch die Führung bei den Frauen: Sabrina Mockenhaupt, Deutschlands erfolgreichste Langstrecklerin, hatte nach sieben Kilometern schon über 40 Sekunden Vorsprung auf Vorjahressiegerin Anais Sabrié (LAV), war auch beim zweiten Durchlauf nach etwa 15 Kilometer auf Bestzeit-Kurs und hatte im Ziel über eine Minute Vorsprung auf die Tübingerin mit französischer und deutscher Staatsbürgerschaft. Mit der Zeit von 1:20,01 Stunden pulverisierte Mockenhaupt, mittlerweile in Metzingen wohnend und gerade zu Haspa Marathon Hamburg gewechselt, die alte Bestmarke, unterbot die 19 Jahre alte Bestmarke um fast eineinhalb Minuten. Fast zwei Minuten später lief Katrin Köngeter, die für den gastgebenden Tübinger Post SV startende Bergspezialistin aus dem Schwarzwald, durchs Ziel auf der Waldhäuser Anhöhe.

Bei den Männern geriet die Uralt-Bestmarke von Olympiasieger Dieter Baumann nie in Gefahr. Und die Zeitabstände auf den drei Podestplätzen waren deutlich geringer als bei den Frauen. Jens Ziganke, der für den SV Reichenau startende Tübinger Lehrer, musst nie um die Titelverteidigung fürchten. Auch wenn Weiß-Latzko gegen Rennende mächtig aufholte, rettete Ziganke einen Zwanzig-Sekunden-Vorsprung ins Ziel. Lokalmatador Lorenz Baum blieb bis zum letzten Bettelweg-Anstieg an Weiß-Latzko dran, musste dann aber abreißen lassen.

Die frostigen Temperaturen hätten ihm leicht zu schaffen gemacht, sagte Nikolaussieger Ziganke nach dem Zieldurchlauf. „Doch die tolle Atmosphäre an der Strecke hat mich letztlich zum Sieg getragen.“ Auch der Zweite, Zigankes Trainingspartner Weiß-Latzko, war mit seinem Abschneiden mehr als zufrieden. Denn der Tübinger war aus dem schärfsten Grundlagentraining heraus mit einem Wochenpensum von 160 Kilometer beim Nikolauslauf angetreten. „Die niedrigen Temperaturen und die Strecke haben mir alles abverlangt“, resümierte der ebenfalls zufriedene Dritte Lorenz Baum.

Auch Vorjahressiegerin Anais Sabrié haderte nicht lange mit ihrem zweiten Platz – höchstens darüber, dass ihre Zeit von 1:21,07 Stunden eigentlich Streckenrekord bedeutet hätte, wäre nicht Novizin „Mocki“ noch schneller gelaufen. Sie sei selbst überrascht gewesen, ihre Bestzeit aus dem Vorjahr gleich um 20 Sekunden verbessert zu haben. „Ich bin eigentlich nicht in Bestform. Ich hatte am Mittwoch noch eine Prüfung“, sagt die Medizinstudentin.

Als hätte sie mal eben einen kleinen Spaziergang gemacht, präsentierte sich die souveräne Siegerin und Rekordhalterin direkt nach dem Rennen und später auf der Pressekonferenz. Weil sie schon den Probelauf eine Woche zuvor absolviert hatte, habe sie genau gewusst, was ihr am Schönbuchrand auf sie zukomme, sagte Sabrina Mockenhaupt. Sie habe die Stimmung an der Strecke genossen, genauso wie die Tatsache, nach langer Verletzungspause im vergangenen Jahr endlich wieder schmerzfrei laufen zu können. Nur die Rekordmarke hätte sie nicht gleich so hoch schrauben sollen, gibt die jederzeit zum Scherzen aufgelegte Spitzensportlerin zu bedenken: „Vielleicht gibt’s ja was für jede Bestzeit?“ Ein Dinkel-Kuchen oder ein Küsschen vom Vereinsvorsitzenden hatten die Organisatoren vom Post SV zu bieten.

Mit oder ohne Bart, mit kurzer oder langer Hose – Ankommen hieß einmal mehr die dominierende Devise beim 41. Nikolauslauf. Bilder: Ulmer

Mit oder ohne Bart, mit kurzer oder langer Hose – Ankommen hieß einmal mehr die dominierende Devise beim 41. Nikolauslauf. Bilder: Ulmer

Keine Temperaturen für schwierige Fälle

Gleich zehn Ärzte kümmerten sich am Sonntag ums Wohl der Läufer/innen, zwei gingen gar mit den Rädern auf die Strecke, um an schwer zugänglichen Stellen möglichst schnell zur Stelle zu sein. Dem kalten und trockenen Wetter war’s letztlich zu verdanken, dass dem Ärzte-Team und den DRK-Sanitätern gravierende Einsätze erspart blieben. Zwei Starter kämpfen mit Kreislaufproblemen, zwei weitere klagten über Hüft- und Kniebeschwerden. Das war’s aber auch schon. „Auch wenn’s kalt ist, das Wetter war eigentlich ideal“, sagt Mediziner Eberhard Estler. „Gefährlicher wird’s, wenn die Läufer schon vor dem Start ins Schwitzen kommen.“