So böse ist die Werbebranche ? wenn auch wohl bloß in der schönen wüsten Fantasie.

39,90

So böse ist die Werbebranche ? wenn auch wohl bloß in der schönen wüsten Fantasie.

23.11.2015

Von che

Armer Werbetexter: Tagaus, tagein muss er lügen, verdummen, Waren-Müll zu Konsum-Perlen schönfärben ? wie soll man sich da abends noch im Spiegel anschauen? Andererseits werden die Manipulations-Feldzüge fürstlich entlohnt. Fürs Führungspersonal bedeutet das: Goldene Kreditkarten, Designerklamotten, willige Praktikantinnen, bergeweise Koks. Und wenn einem mal ein Slogan wie „Geiz ist geil!? einfällt, kann man sogar zum Nationalhelden aufsteigen.

Von einem solchem Leben zwischen Selbstekel und Machtrausch handelt die Verfilmung des Romans von Frédéric Beigbeder. Ihr Held Octave (Frankreichs Top-Komiker Jean Dujardin) ist das Klischee-Abziehbild eines „Kreativen? in einer angesagten Agentur: ein schmieriger Lackaffe, der das angeblich berufstypische Lotterleben in vollen Zügen genießt, ehe ihn der Laufpass von seiner schwangeren Freundin in eine existenzielle Krise stürzt.

Was immer dem Zuschauer an wüsten Fantasien von der moralisch verkommenen Werbebranche im Kopf herumspukt ? hier wird es bestätigt. Mit der Wirklichkeit hat das wohl nur am Rande zu tun. Die mir bekannten Werbetexter sind jedenfalls in der Mehrheit brave Familienväter. Aber schließlich will „39,90? keine Berufskunde sein, sondern ein satirisches Pamphlet, und so stürzt sich Regisseur Jan Kounen mit Wonne auf die Auswüchse und Exzesse, die er ohne größeren Handlungsfaden als schrillbunte Nummernrevue verabreicht. Da nimmt man dann auch hin, dass sich der anfangs mit Hohn übergossene und in Selbstmitleid zerfließende Octave etwas gewaltsam zum subversiven Spaß-Guerillero gegen die eigene Zunft mausert.

Obwohl praktisch frei von Tiefgang, lässt sich der Film dennoch süffig herunterschauen. Realsatirische Kabarett-Stückchen aus dem Business-Alltag, surreale Horrorvisionen und grell verfremdete Bilder aus der schönen Reklamewelt vermischen sich zu einer ästhetisch reizvollen Collage mit zarten Anklängen an Michel Gondry („The Science Of Sleep?). Am schönsten ist, wenn sich Octave auf einem seiner Drogentrips in der Endlos-Schleife eines besonders schleimigen TV-Werbespots verheddert.

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