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Digitalkamera-Flut:

Aber welche soll‘s denn sein?

01.07.2016

Von M. Müller

Wer eine Kamera kaufen möchte, sollte im Idealfall schon sehr genau wissen, was er damit anstellen will. Kosten sind hier weniger eine Frage: Es gibt sowohl sehr teure Kompaktkameras für 1000 Euro, als auch günstige Spiegelreflex-Modelle für 300 oder weniger./ goodluz - Fotolia

Wer eine Kamera kaufen möchte, sollte im Idealfall schon sehr genau wissen, was er damit anstellen will. Kosten sind hier weniger eine Frage: Es gibt sowohl sehr teure Kompaktkameras für 1000 Euro, als auch günstige Spiegelreflex-Modelle für 300 oder weniger./ goodluz - Fotolia

Ich hätte gerne eine Digitalkamera„: Mit solchen Sätzen beginnen nicht nur Leidenswege von Verkäufern in einschlägigen Elektronik-Discountern, sondern oft genug auch Odysseen der Käufer. Hand aufs Herz: Der Markt ist geradezu brechend voll mit Digitalkameras sämtlicher Preisklassen von mittleren zweistelligen bis hinauf zu vier- oder gar fünfstelligen Summen. Die optimale Kamera für jeden Anwender gibt es leider nicht. Dafür aber zumindest einschränkende Rahmenbedingungen, über die man sich bewusst sein sollte, bevor nur ein Fuß vor die Haustür gesetzt wird Der folgende Text will es Laien einfacher machen und erklärt die wichtigsten Bauarten von Digitalkameras im Überblick.

1. Grundbegriffe

Ohne ein entsprechendes Vokabular geht es nicht, daher zunächst die wichtigsten Begrifflichkeiten, die im Text immer wieder auftauchen werden.

Bajonett: Wechselobjektive werden mittels Bajonettverschluss an der Kamera befestigt. Hier gibt es unterschiedliche Durchmesser, je nach System.

Der Vollformat-Sensor ist so groß wie der Filmstreifen der seligen 35mm-Kamera. Dieses Maß ist heute vor allem im Profibereich Standard, existiert aber auch bei High-End-Systemkameras./ Kuzmick - Fotolia

Der Vollformat-Sensor ist so groß wie der Filmstreifen der seligen 35mm-Kamera. Dieses Maß ist heute vor allem im Profibereich Standard, existiert aber auch bei High-End-Systemkameras./ Kuzmick - Fotolia

Belichtungszeit: Die Dauer, für die Licht auf den Chip fällt und das Bild erzeugt. Je länger, desto heller.

Blende: Vorrichtung, die den Lichtdurchlass reguliert und bestimmt, wie viel Licht auf den Sensor fällt.

Digitaler Zoom: Dabei wird ein Ausschnitt des Bildes digital vergrößert. Das geht zulasten der Bildqualität.

ISO: Die verstellbare Lichtempfindlichkeit des Sensors. Je höher der ISO-Wert, desto empfindlicher, desto größer aber auch das Bildrauschen (Grobkörnigkeit).

Optischer Zoom: Hierbei erfolgt die Vergrößerung des Bildes durch Linsenverschiebung. Vorteil: Keine Qualitätseinbußen.

Vollbild/Vollformat: Der Kamera-Sensor ist so groß wie das Bild einer 35mm-Kamera (ca. 24x36mm).

Pixel: Ein Digitalbild besteht aus einzelnen Punkten (Pixel), je größer der Wert, desto höher die Auflösung des Bildes.

Aber welche soll‘s denn sein?

 

Kompaktkameras

Am untersten Ende der Preisskala liegen die kleinen Kompaktkameras im Format einer Zigarettenschachtel – hier ein Test aktueller Modelle. Ihnen gemein ist, dass sie versuchen, den Kunden durch eine wahre Megapixel-Orgie vom Kauf zu überzeugen: 20 Megapixel sind heute ein Standardwert. Allerdings sind diese Werte oft Blender:

Schön klein, günstig und nicht mit verwirrenden Funktionen und Bedienelementen überfrachtet: Kompaktkameras sind der Renner der Foto-Einsteiger. Allerdings werden sie heute von Smartphones hart bedrängt./ Tiko Aramyan - Fotolia

Schön klein, günstig und nicht mit verwirrenden Funktionen und Bedienelementen überfrachtet: Kompaktkameras sind der Renner der Foto-Einsteiger. Allerdings werden sie heute von Smartphones hart bedrängt./ Tiko Aramyan - Fotolia

Grundsätzlich liegen die Chipgrößen dieser Geräte weit unter Vollformat. Das bedeutet, die einzelnen Pixel müssen kleiner sein, damit trotzdem hohe Werte herauskommen. Auf ein kleines Pixel passt jedoch weniger Licht. Und das führt dazu, dass Kompaktkamera-Fotos, die nicht bei wirklich optimalem Licht geschossen wurden, schnell zu starkem Bildrauschen führen, wenn die Kamera den ISO-Wert hochregelt.

Zudem müssen Käufer von Kompaktkameras mit dem leben, was die Kamera liefert: Die Objektive sind nicht austauschbar. Allerdings ermöglichen viele zumindest optischen Zoom. Ausgesprochene Billig-Geräte jedoch können oft nur digital zoomen (auch hier werden oft Wunderwerte wie 20x versprochen). Allerdings geht diese Zoom-Art zulasten der Bildqualität und sollte vermieden werden. Zusätzlich verfügen die meisten Kompakten nur über ein Stativgewinde und Einschübe für eine SD-Karte. Blitzschuh oder andere Zubehörteile sucht man oft vergebens.

Außerdem sind die Einstellmöglichkeiten eingeschränkt oder tief in Menüs verborgen. Das macht sie weniger flexibel, aber überfordert Anfänger nicht so stark wie die Schalter-Orgien an professionelleren Geräten.

Ein weiterer Nachteil: Der mangelnde Sucher. Das Anvisieren erfolgt nur über den Bildschirm, was bei starker Lichteinstrahlung schwierig sein kann.

Geeignet für: Anspruchslose Anwender und Schnappschüsse bei gutem Licht.

Mit diesen Herstellern macht man nichts falsch: Canon, Nikon, Panasonic, Sony

 

Outdoor-Kameras

Outdoor-Kameras sind die perfekten Urlaubsbegleiter, denn Sand macht ihnen ebenso wenig aus wie Wasser. Die Tauchfähigkeit wird jedoch durch Abstriche bei anderen Funktionen erkauft./ dusanpetkovic1 - Fotolia

Outdoor-Kameras sind die perfekten Urlaubsbegleiter, denn Sand macht ihnen ebenso wenig aus wie Wasser. Die Tauchfähigkeit wird jedoch durch Abstriche bei anderen Funktionen erkauft./ dusanpetkovic1 - Fotolia

Nahe Verwandte der Kompaktkamera sind die Outdoor-Kameras. Ihre Daten sind weitestgehend gleich und werden deshalb nicht wiederholt. Als Bonus sind diese Kameras jedoch robust und in den allermeisten Fällen wasserdicht. Erkauft wird dies durch einen Mangel an beweglichen Bauteilen: Hier ist also oft nur ein Digitalzoom vorhanden und Tasten und Schalter sind wegen der Dichtungen schwergängig.

Geeignet für: Urlaubs-Schnappschüsse auch unter Wasser.

Mit diesen Herstellern macht man nichts falsch: Canon, Nikon, Fujifilm, Panasonic

 

Systemkameras

Systemkameras sind kaum größer als Kompaktkameras, erlauben aber dank austauschbarer Objektive, vieler Bedienelemente und erhöhter Ergonomie ein Fotografieren ähnlich wie mit Spiegelreflexkameras – ohne deren Nachteile. / science photo - Fotolia

Systemkameras sind kaum größer als Kompaktkameras, erlauben aber dank austauschbarer Objektive, vieler Bedienelemente und erhöhter Ergonomie ein Fotografieren ähnlich wie mit Spiegelreflexkameras – ohne deren Nachteile. / science photo - Fotolia

Die Brücke zwischen Kompakt- und Spiegelreflexkameras bilden die Systemkameras: Rein vom Gehäuse her handelt es sich dabei um kompakte Geräte. Außen finden sich jedoch sehr viel mehr direkte Einstellmöglichkeiten, sowie Anschlussoptionen für Zubehör und zudem auch eine bessere Ergonomie als bei Kompaktkameras. Der wohl wichtigste Punkt der Systemkamera ist, dass sie den Austausch von Objektiven und damit eine sehr große Bandbreite an Fotografie-Stilen erlauben. Der Nachteil: Einige Hersteller entwickelten für ihre Systemkameras ein eigenes Bajonett. Dadurch haben Kunden nur Objektive dieses Herstellers zur Auswahl und keine von Drittherstellern. Die Chipgrößen sind unterschiedlich, bei besonders hochpreisigen Modellen gibt es jedoch auch vollformatige Chips und damit eine Bildqualität, die in keinster Weise hinter ähnlich ausgestatteten Spiegelreflexkameras zurückstehen muss.

Allerdings gibt es auch hier durchaus Nachteile: Dadurch, dass innen kein Spiegelsystem arbeitet, gibt es bei der überwiegenden Zahl auch keinen Sucher, durch den das Auge blicken könnte – auch hier muss dann das Display genügen. Allerdings ist das keine Generalaussage: Manche Hersteller bieten auch Systemkameras mit einem Sucher an, in dem ein zweites Display werkelt (etwa Sonys Alpha 7 Reihe, die praktisch eine „Spiegellose Spiegelreflexkamera“ für Profi-Anwendungen ist). Wieder andere offerieren Aufsteck-Sucher.

Nachteil der Systemkameras ist freilich der, dass hier meist kein Sucher vorhanden ist und übers Display anvisiert werden muss. Das ist vor allem bei starker Sonneneinstrahlung oft unmöglich. / iuneWind - Fotolia

Nachteil der Systemkameras ist freilich der, dass hier meist kein Sucher vorhanden ist und übers Display anvisiert werden muss. Das ist vor allem bei starker Sonneneinstrahlung oft unmöglich. / iuneWind - Fotolia

Durch das geringe Gehäuse-Gewicht sind Systemkameras mit langen Objektiven kopflastig und lassen sich generell nicht so ruhig halten, wie etwas schwerere Kameras. Allerdings machen genau diese Eigenheiten sie zur quasi perfekten Reisekamera: Besitzer haben alle Möglichkeiten der Flexibilität, jedoch ohne dass die Kamera-Ausrüstung schon das Gewicht des Handgepäcks überschreitet. Auch wer mit einem Einstieg in die Städtefotografie liebäugelt, findet in Systemkameras - nicht nur aufgrund des Gewichtsvorteils - großartige Partner. Außerdem wirken diese Geräte nicht so wuchtig, das wiederum macht auch in der Personenfotografie vieles leichter.

Nicht zuletzt sind diese Kameras auch das optimale Minimum, wenn hochwertige Videos gedreht werden sollen. Die Summe all dessen sorgt übrigens dafür, dass viele Experten in der spiegellosen Systemkamera die Zukunft sehen

Geeignet für: Fotografen, die maximale Flexibilität bei geringerem „fotografischen Fußabdruck“ möchten.

Mit diesen Herstellern macht man nichts falsch: Panasonic, Olympus, Fujifilm, Nikon, Canon

 

Spiegelreflexkameras

Digitale Spigelreflexkameras bieten das absolute Maximum an Flexibilität und Ausbaubarkeit. Gerade bei Vollformat-Kameras geht das aber, wie unschwer zu erkennen, zulasten teilweise schon extremer Abmessungen. / Rido - Fotolia

Digitale Spigelreflexkameras bieten das absolute Maximum an Flexibilität und Ausbaubarkeit. Gerade bei Vollformat-Kameras geht das aber, wie unschwer zu erkennen, zulasten teilweise schon extremer Abmessungen. / Rido - Fotolia

Die klassischsten und auch heute noch mit Profifotografie assoziierten Kameras sind die digitalen Spiegelreflexkameras, hier ein Test von Einsteigermodellen. Wie der Name schon sagt, arbeitet im inneren ein Spiegelsystem. Das ermöglicht einen direkten Einblick durch den Sucher und das auswechselbare Objektiv: Was dabei gesehen wird, ist das Motiv, genau so, wie es später auf den Speicher gebannt wird. Beim Auslösen wird dieser Spiegel kurz hochgeklappt – das erzeugt das charakteristische Klacken, das praktisch jede Digitalkamera, wenn auch nur als Sounddatei, beim Auslösen wiedergibt.

Der Vorteil digitaler Spiegelreflexkameras: Maximale Ergonomie und Flexibilität. Große griffige Gehäuse gepaart mit vielen direkt einstellbaren Funktionen und auswechselbaren Objektiven in gängigen Bajonetten. Das bedeutet: Wer sich eine Spiegelreflexkamera der großen Hersteller zulegt, kann sicher sein, dass er dafür eine große Bandbreite an Optiken, auch von Drittherstellern beziehen kann.

Obendrein bieten auch schon Einsteigermodelle eine große Palette an Zubehör an – weil in diesem Segment alle Anschlüsse, wie die des Blitzes, standardisiert sind. Teurere Modelle erlauben auch den Einsatz von Batteriegriffen und haben oft auch mehrere Einschübe für Speicherkarten. Kurzum: Spiegelreflexkameras sind von allen Digitalkameras die flexibelsten.

Prinzipiell gibt es hier nur zwei Chipgrößen: Vollformat und sogenannte Crop-, also verkleinerte Sensoren. Welcher Sensor verbaut ist, ist jedoch nicht unbedingt, sondern nur teilweise ein Indikator für die Preisklasse: Vollformatsensoren gibt es vom mittleren Preissegment bis in die Oberklasse. Umgekehrt gibt es aber auch einige oberklassige Crop-Modelle, bloß ist ihr Haupt-Spielfeld das der Konsumentenklasse in der Liga bis zirka 1400 Euro.

Die große Gehäusefläche ermöglicht es jedoch auch, viele Bedienelemente darauf unterzubringen und so unterschiedlichste Parameter schnell und intuitiv verstellen zu können. / blackday - Fotolia

Die große Gehäusefläche ermöglicht es jedoch auch, viele Bedienelemente darauf unterzubringen und so unterschiedlichste Parameter schnell und intuitiv verstellen zu können. / blackday - Fotolia

Womit wir auch beim ersten Nachteil der Spiegelreflexkamera wären: Dem Preis. Natürlich gibt es, wie eingangs dieses Kapitels im Link gezeigt, durchaus Modelle für 300 Euro. Allerdings haben diese in Sachen Bildqualität oft keinen Vorteil gegenüber gleichteuren Kompaktkameras. Wer mehr will, muss mehr ausgeben. Und damit wird die Spiegelreflexkamera durch ihre Ausbaubarkeit für viele zum Groschengrab: Hier ein Objektiv, da ein Blitz und schon füllt die Fotoausrüstung ganze Rucksäcke und das Konto ist leer. Ein weiterer Nachteil: Spiegelreflexkameras gehören zu den größten Kameras überhaupt und, sofern es sich nicht um Einsteigermodelle mit Kunststoffgehäuse handelt, besteht ihr Gehäuse aus robustem Metall, was die Geräte auch schwer macht.

Der Vorteil liegt jedoch auf der Hand: Die Spiegelreflexkamera kann alles – zumindest lässt sie sich aber auf jede Situation umrüsten.

Geeignet für: Fotografen, die maximale Flexibilität und sich jede Option offenhalten wollen ungeachtet von Kosten und Gewicht.

Mit diesen Herstellern macht man nichts falsch: Nikon, Canon, Sony

 

Fazit

Einem jeden seine Kamera. Doch nur wer wirklich weiß, was er machen will, kann auch ein optimal passendes Modell kaufen. Für ambitionierte Amateure eignet sich heutzutage die Systemkamera am besten, denn sie bietet das Beste aus beiden Welten bei hinreichender Flexibilität. Wer jedoch gänzlich autonom agieren will und auch nicht zurückschreckt, wenn seine Fotoausrüstung einen Rollkoffer füllt, kann in die volle Bandbreite der Spiegelreflex-Welt eintauchen. Und was ist mit Leuten, die ab und zu mal einen Geburtstag oder im Urlaub fotografieren möchten? Diese Klientel wird auch mit einer 60-Euro-Kompaktkamera vom Discounter glücklich – die sie zudem nicht mit unzähligen Einstellmöglichkeiten und Optionen überfordert.

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Erstellt:
01.07.2016, 10:37 Uhr
Lesedauer: ca. 5min 33sec
zuletzt aktualisiert: 01.07.2016, 10:37 Uhr

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