Gartenschau

Abgleiten mit dem A . . leder der Bergleut‘

Für den künftigen Landschaftspark Forbachtal müssen noch viele Einzelelemente entwickelt und konkretisiert werden. Der Bürger-Spaziergang am Samstag bot dazu allerhand Lernstoff.

18.02.2019

Von Siegfried Schmidt

Johann Senner am Mikro vor der Alten Tuchfabrik.

Johann Senner am Mikro vor der Alten Tuchfabrik.

Die prächtige, vorfrühlingshafte Wetterkulisse, aber auch die hochspannende Beschäftigung mit der Machart einer Gartenschau in der alten Kultur- und Industrielandschaft Christophstal und Friedrichstal sorgte für enormen Zulauf. Knapp 100 Teilnehmer, unter ihnen sämtliche Projektbeteiligten aus Freudenstadt und Baiersbronn sowie Gemeinderäte, Eigentümer, Anrainer und Bürger – nutzten die Gelegenheit, beim Gang durchs künftige Gartenschaugelände Ideen und Gedanken auszutauschen. Und auch Abwägungen zu treffen: Etwa zwischen Naturschutz/Landschaftserhalt und sorgenfreier Mobilität, oder zwischen technischen Vorzeige-Projekten, gastronomischen Tummelplätzen und stillen Genießerorten.

Die engagierte Schar Planungswilliger startete um 10 Uhr unterhalb der Fontänen Unterer Marktplatz und nahm sich für die Etappen und Standorte-Inspektionen, Bus-unterstützt, Zeit bis 16 Uhr. Zwischendurch gab es willkommene Stärkungen am Gasthof Bad, im Gemeindesaal Friedrichstal und abschließend im Baiersbronner Rosensaal, wo immer noch angeregt geplaudert und disputiert wurde.

Der Masterplan für die Gartenschau soll in diesem Jahr ausformuliert werden. Es zeigte sich freilich, dass einige grundlegende Fragen und inhaltliche Dollpunkte noch der Klärung harren. Etwa die Festlegung, was als Daueranlagen Bestand haben wird im Landschaftsraum und was ein periodisches Ausstellungsprodukt für das Gartenschaujahr sein soll. Johann Senner und Aliena Döll vom Landschaftsarchitekturbüro Planstatt Senner stachelten das Brainstorming eifrig an und notierten die ganze Vielfalt der artikulierten Vorschläge. Allein, mit mancherlei Vorstellungen und Projektionen werden sich das Auftragsbüro und die Gremien noch mühsam den Kopf zerbrechen müssen.

Etwa die Kardinalfrage zur Höhen-Überwindung gleich beim Einstieg in die Gartenschau, am Talhang Christophstal. Hierfür schlägt Senner eine aufgestelzte Brücken-Serpentine vor, die ohne Bodenversiegelung und ohne topographische Eingriffe in die Talflanke den sanften, ja den „smarten“, wie Johann Senner gerne formuliert, Auf- und Abstieg ermöglicht. Vorhandene Geländeterrassen, Trockenmauern und die Streuobstbestände sollen dabei geschickt miteinbezogen werden.

Beim Blick von der Adlersteige hinab ins liebliche Tal wurden von Teilnehmern weitere, zum Teil auch schon bekannte Ideen angepriesen. Etwa der Einbau von Rutschbahnen im Sinne der Bergbautradition, weil die Bergleute früher gewohnt waren, auf dem „Arschleder“ in die Grube zu „fahren“. Auch der „Förderturm“ der Bürgeraktion fußt auf dieser frühindustriellen Wirtschaftsweise im Christophstal. Stadträtin Altendorf-Jehle wüsste auch schon einen potenziellen Sponsor: Den Thyssen-Konzern, der den spektakulären Rottweiler Testturm realisiert hat. Stadträtin Dr. Zirz, Sprecherin für die Senioren der Stadt, winkte jedoch bei Gedanken an eine Seilbahn oder einen Sessellift gleich ab: Gehandicapte Personen oder solche mit Gehhilfen würden in derartige Transportmittel nicht einsteigen. Auch wenn diese den Vorzug der „kurzen Wege“ (Bürgermeisterin Hentschel) und der körperlichen Erleichterung gewährten. Der Abstieg über die lange Freitreppe hinunter zum Talboden, zum Teil über vereiste Podestabschnitte („Kein Winterdienst“), bot viel Anschauungs- und Erfahrungshilfen, wie eben auch ohne viel Innovationsaufwand und verkehrstechnischen Schnickschnack Höhenunterschiede überwunden werden können. Die heute fast malerische und trotzdem funktionelle Treppenanlage wagte auch niemand in ihrem Existenzrecht zu bestreiten. Für Planungschef Johann Senner ist es generell der „Reiz der Vielfalt“, mit der die Gartenschauer auf Expedition gelockt werden können. Sei es nun huckepack auf „einem Eselskarren“ oder gepflegt einsitzend in „High Tech-Verkehrsmitteln“. Und damit Besucher den Traumblick auf Bärenschlössle und alte Tuchfabrik nicht verpassen, wünscht sich Carola Broermann eine Gartenwirtschaft über der Adlersteige.

Die Alte Tuchfabrik unten im Tal, die der Denkmalverein Freudenstadt als „im Gesamtensemble“(!) unbedingt erhaltensbedürftig einstuft, bildet zurzeit eine weitere, noch unscharfe Variable, was ihren Beitrag zur Gartenschau-Konzeption anbetrifft. Stadtentwickler Rudolf Müller berichtete, dass man sich mit dem Eigentümer der Fabrikanlage schon länger im Gespräch befinde, dass sich auch aufgrund der Örtlichkeit „viele Möglichkeiten“ einer Nutzung darbieten, darunter etwa das Wasserkraft-Erleben. Konkrete Gangweisen, wie der illustre historische Platz, wie markante Innenräume oder gar Maschinensäle in die Schaukulisse der Parkplanung einbezogen werden können, sind noch offen. Aus dem Kreis der Versammelten kamen Vorschläge für ein Museum der Industriekultur, für ein „Haus des (alten) Handwerks“.

Während Müller darauf verwies, dass die Randgebäude der alten Hoylerfabrik nicht erhalten werden können, tat Johann Senner eine besondere Entdeckung kund, ein „verwunschenes Gartendenkmal“ betreffend. Oberhalb der Forbachbrücke befinden sich auf Firmengrund die verwilderten Reste einer einst wohl ansehnlichen Gartenanlage mit den Umrissen eines alten Pavillons.

Planidee Rampen fürTalabstieg.

Planidee Rampen für
Talabstieg.