Tragikomisches Loser-Porträt aus Hollywoods Edel-Ecke.

About Schmidt

Tragikomisches Loser-Porträt aus Hollywoods Edel-Ecke.

24.11.2015

Von che

About Schmidt

Das waren Zeiten, als noch jede Woche irgendein Muskelmann ohne jeden Selbstzweifel Schurken vermöbelte und Frauen vernaschte. Vorbei. Heute muss man froh sein, wenn so ein Held aus Hollywood sein jämmerliches Privat- und Berufsleben gebacken kriegt. Letzte Woche gelang es George Clooney in „Solaris? nur dank einer kosmischen Wunschmaschine. Diesmal müssen Jack Nicholson und Nicolas Cage in Adaption ihre Late- und Midlife-Krisen bewältigen.

Unaufhaltsam tickt die Uhr. Noch zwanzig Sekunden, noch 10. Punkt fünf nimmt Warren Schmidt (Jack Nicholson) sein Täschchen und verlässt das akkurat leer geräumte Büro Richtung Ruhestand, in die Hölle. Daheim lauert ein Drachen von Ehefrau, anderweitigen Zeitvertreib hat der arbeitswütige Vize-Abteilungsleiter einer Versicherung nie gepflegt. Kein Wunder, dass er am Montag schon wieder auf der Büro-Matte steht, um seinem Nachfolger mit wichtigen Winken auf die Nerven zu gehen.

„About Schmidt? steckt voll von solchen kleinen, feinen Beobachtungen, die sich allmählich zum wenig schmeichelhaften Bild einer kaputten Spießer-Existenz fügen. Dieser Schmidt ist ein lethargisches, wehleidiges und selbstgerechtes Würstchen, das nur um sich selber kreist und die Bedürfnisse anderer für Kokolores hält. Seiner Tochter macht er den Bräutigam madig; ein Patenkind in Afrika hält er sich nur, um in seitenlangen Briefen über die Ungerechtigkeit der Welt ihm selbst gegenüber zu klagen.

Doch weil ein Hollywoodfilm seinem Helden mindestens eine Entwicklung gönnt, ändert sich bald manches. Die Frau trifft der Schlag, und um der Verwahrlosung zu entgehen, bricht der frisch gebackene Witwer in einem monströsen Wohnmobil zu einer Reise durch Amerika, zur Hochzeit seiner Tochter auf. Wer aber glaubt, das Leben on the road mache den Miesnick im Handumdrehen zum Sympathen, wird enttäuscht. Vielmehr muss man froh sein, wenn das Ei, aus dem der Rentner mal hinaus in die Freiheit schlüpfen könnte, am Ende einen feinen Riss bekommen hat.

Ein bleiernes Drama ist „About Schmidt? deswegen nicht. Regisseur Alexander Payne schaukelt virtuos zwischen den lächerlichen (für uns Zuschauer sehr witzigen) und den tragischen Seiten dieses Kerls. Zwischen Mitleid mit einem seelengepanzerten Eigenbrötler und Abscheu vor dem krankhaft selbstsüchtigen Ekelpaket. Den Rest besorgt Jack Nicholson, der, ganz ohne seine üblichen Grimassen, diesen schrecklich normalen Biedermann mit feinsten Konturen ausstaffiert.