Anpfiff

Abpfiff nach starkem Passspiel

Mir geht’s wie der Gausschen Spülmaschine (siehe das gestrige Übrigens): Ich trete ab, vorzeitig. „Was, schon fertig? Und was machst du jetzt?“ fragen die Kollegen und Freunde fürsorglich. Noch ohne die ganz großen Ruhestandsentwürfe fällt mir auf die Schnelle nur ein: Noch mehr Sport treiben.

29.10.2016

Von Bernhard Schmidt

Noch mehr „die Prostata streicheln“, wie der Radverleiher meines Vertrauens auf Malle bei der Höhen- und Satteleinstellung immer zu sagen pflegt. 16 Jahre im TAGBLATT-Sport haben mich selbst in Bewegung gehalten, haben mich gelehrt: Sportler, egal welcher Sportart und Disziplin, sind nicht nur körperlich auf der Höhe. Weil meist kollektiv und im Team unterwegs sind sie kontaktfreudig und gesellig. Was dem meist termingestressten Sportredakteur das Berufsleben enorm erleichtert.

Dazu sind Sportler im Gegensatz zur eher akademischen Kundschaft in der Regel ehrlich und gerade heraus, manchmal aufbrausend, fast nie nachtragend. Da entfährt dem grollenden Gegenüber schon einmal ein „du Seckel“. Beim klärenden Telefongespräch oder bei einem Bier im Vereinsheim ist das aber ganz schnell wieder vergessen.

Mir hat’s gefallen bei den Spitzenspielen der sechsten oder siebten Liga, ich habe die Kollegen im überregionalen Sport nie um ihren Job in den nur auf den ersten Blick hochklassigeren Revieren beneidet: Wenn sie beispielsweise den Fußballprofis oder Trainern entlocken müssen, was an Allgemeinplätzen eh schon jeder gesehen oder gelesen hat. Was übrigens auch die bei uns ausgebildeten, mittlerweile für große überregionale Zeitungen schreibenden Kollegen immer wieder bestätigen: „Am schönsten war’s bei Euch auf den Dorfplätzen in der Landes-, Bezirks- oder A-Liga.“

Ob Fußballer, Basketballer, Handballer oder Volleyballer, Leichtathleten oder Rennradler – Sportler suchen üblicherweise den Schulterschluss mit dem Chronisten, man duzt sich schnell. Was ja so gar nicht der Berufsethik des Journalisten entspricht. Aber auch dazu stand und stehe ich: Distanzierte Objektivität bleibt oft auf der Stecke, wenn der Sportredakteur Mannschaften oder Individualsportler bis in die Kabine begleitet. Und so gebe ich‘s ja zu: Ich bin aufgesprungen oder habe den Puffer vom Kollegen kassiert, wenn Garlon Green den Ball durch die Reuse stopfte oder die Tübinger Tigers die im Abstiegskampf so wichtigen Punkte endlich sicherten. Oder ich habe mit Langstreckler Arne Gabius gelitten, wenn dieser nach hochfliegenden Plänen beim internationalen Top-Ereignis dann doch einen Einbruch erlebte.

Und, na klar, ich habe Fehler gemacht. Weil ein Redakteurskollege allmorgendlich mit einem „Jetzt kommt der Brazda mit dem Mazda“ das Büro betrat, stand ausgerechnet zur Entlassung des tschechischen Trainers der SV 03-Basketballer anderntags der Name Martin Mazda in der Unterzeile. Die Kaffeetasse fiel mir auch schier aus der Hand, als ich im Januar 2003 in der Bildunterschrift lesen musste, dass der leider schon früh verstorbene SV 03-Center Manitu Callender sich im anstehenden Spiel gegen Ansbach strecken muss. Das neue Korrekturprogramm hatte mir einen Streich gespielt: Weil es den Vornamen Mantia nicht kannte, bot es als erste Alternative die indianische Gottheit an – statt auf „weiter“ hatte ich versehentlich auf „ändern“ gedrückt, der Fehler war im Blatt.

Grämen musste ich mich indes nicht lange. Als beim nächsten Heimspiel Mantia Callender seine ersten Punkte erzielte, stimmten die SV03-Fans in der Uhlandhalle den neuen „Manitu, Manitu“-Schlachtgesang an. Der Sportredakteur als Assistgeber, schön war‘s.