Horb · Beerdigungen

Abschied nehmen in der Krise

Die Restriktionen der Landesregierung stellen Angehörige und Bestatter vor neue Herausforderungen. Unternehmer Frank Friedrichson klärt auf.

24.03.2020

Von Benjamin Breitmaier

Aktuell dürfen bei Bestattungen maximal zehn Trauernde anwesend sein.Archivbild: Karl-Heinz Kuball

Aktuell dürfen bei Bestattungen maximal zehn Trauernde anwesend sein.Archivbild: Karl-Heinz Kuball

Vor der 3,40 Meter hohen Skulptur von Josef Nadj stehen zehn Personen, gesenkte Blicke, die Trauernden im Horber Ruhewald halten mindestens eineinhalb Meter Abstand voneinander. Jeder von ihnen musste seine Personalien angeben, bevor sie ihrem verstorbenen Angehörigen gedenken durften. Die Gruppe besteht nur aus dem engsten Familienkreis. Weitere Personen mussten andere Wege finden, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen.

Abschied nehmen in Zeiten der Corona-Krise. Seit dem vergangenen Sonntag gelten strikte Bestimmungen, die das gesellschaftliche Leben auf ein Minimum beschränken. Mit den Einschränkungen für den täglichen Umgang erließ die Landesregierung auch besondere Regeln für Beerdigungen. Darum werden in den kommenden Wochen die Bestattungen in Horb und Teilorten ähnlich aussehen wie die eingangs beschriebene Szene.

Die neue Situation stellt Angehörige wie Bestattungsunternehmen vor neue Herausforderungen. Im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE erklärt Frank Friedrichson, Geschäftsführer des gleichnamigen Horber Unternehmens, was die neuen Regeln für ihn und auch für die Angehörigen von Verstorbenen bedeuten.

„Nach Informationen der Landesregierung dürfen Trauerfeiern aktuell nur im Freien mit bis zu zehn Teilnehmern stattfinden“, erklärt er. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Verstorbene in einem Sarg liegt oder eine Urne zu Grabe getragen wird.

Trotz der besonderen Situation während der globalen Pandemie geht Friedrichsons Geschäft weiter. Das muss es, denn das Berufsbild des Bestatters zählt zu den sogenannten systemrelevanten Beschäftigungen. Allerdings stellt sich auch Friedrichson mit seinem zehnköpfigen Team auf die neue Situation ein: „Wenn jetzt ein Sterbefall eintritt, versuchen wir die Kontakte bei den Beratungen zu minimieren“, erklärt der 56-Jährige. So müssen die Angehörigen zur Beratung nach Horb in den Firmensitz kommen. Die Wohnungsbesuche sind ausgesetzt. Darüber hinaus dürfen maximal zwei Personen an den Beratungen teilnehmen.

„Es spielt selbstverständlich auch eine Rolle, dass wir unsere Mitarbeiter schützen müssen“, betont der Bestattungsunternehmer. Hände werden im Betrieb sowieso nicht mehr geschüttelt. „Ansonsten läuft aber alles relativ normal ab“, so Friedrichson. Im Bestattungsgeschäft wird von Haus aus großer Wert auf Hygiene gelegt, erklärt er. Geändert habe sich nur, dass er und seine Frau aktuell des Öfteren von der eigenen Wohnung aus arbeiten und vieles nun per Telefon passiert.

Trotzdem sei Friedrichson froh, dass er noch keine Bestattung eines Toten im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion begleiten musste. Sollte der Fall dennoch eintreten gibt es klare Regelungen: Zum Beispiel dürfen Tote, die an Infektionskrankheiten sterben, nicht aufgebahrt werden. Alle Angehörigen müssten in dem Fall in Quarantäne. „Damit wäre eine Abschiednahme leider nicht mehr möglich“, meint Friedrichson.

Aktuell sei laut Friedrichson die Aufbahrung noch möglich, allerdings nur am Firmensitz in Horb und nur unter der Bedingung, dass nicht mehr als zwei Personen gleichzeitig im Raum sind.

Die Fülle an neuen Regelungen stelle nach Aussage des Unternehmers seine ganze Branche vor neue Herausforderungen: „Am Sonntag stand bei mir das Telefon nicht mehr still“, meint er. Denn neben seinem Kerngeschäft als Bestatter muss der Horber auch seine Aufgaben als Landesinnungsmeister wahrnehmen. In dieser Rolle ist er Teil eines Notfallteams, dass seine Kollegen zeitnah über aktuelle Entwicklungen informiert und sich in stetem Austausch mit der Landesregierung befindet. Doch was die Zukunft für die Bestatter und die Angehörigen von Verstorbenen bringt, kann auch er nicht sagen. Er hofft einfach nur, „dass das Ganze bald vorbei ist“.

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Erstellt:
24.03.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 24.03.2020, 01:00 Uhr

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