Nachruf
Abschied vom TV-Multitalent Alfred Biolek
Als Talk- und Kochshowmaster war er eine Marke mit drei Buchstaben: Bio. Am Ende seines Lebens konnte Alfred Biolek zufrieden feststellen, dass Deutschland ein bisschen so geworden sei wie er.
Nun ist Alfred Biolek, der große TV-Entertainer, mit 87 Jahren in Köln gestorben. Er schlief am Freitag friedlich ein, erfuhr die dpa von Biolek-Ritchie.
Biolek hat zwei Formate des deutschen Fernsehens mitbegründet: die Talkshow und die Kochshow. Und er hat über dieses Medium die Gesellschaft beeinflusst. Am Ende seines Lebens konnte er mit Genugtuung feststellen, dass die Deutschen ein wenig so geworden waren wie er: dem guten Essen zugetan, offen für alle möglichen kulturellen Einflüsse aus dem Ausland und im Allgemeinen tolerant gegenüber Minderheiten.
Der Anwaltssohn Biolek ist 1934 in Freistadt (heute in Tschechien) geboren worden. Er verlebte eine behütete Kindheit in einem großbürgerlichen katholischen Elternhaus. Nach dem Krieg floh die Familie in den Westen, wie sein Vater studierte Biolek Jura und promovierte zum Doktor jur. Zeitlebens hatte er etwas von einem zerstreuten Professor: Die runde Brille, die Kärtchen, mit denen er vor der Kamera hantierte, die vielen „Ähs“, die abgebrochenen Sätze.
Bioleks Karriere wäre heute undenkbar. Als Justiziar begann er 1963 beim ZDF, wechselte aber bald darauf ins Redaktionelle. Bei seinem ersten Auftritt vor der Kamera gab er „Tipps für Autofahrer“.
„Bio“ war ein enormer Kenner der Kulturszene nicht nur in Deutschland, sondern zum Beispiel auch in den USA, in England und den Niederlanden. Er war es, der Monty Python und Herman van Veen nach Deutschland holte, der zum ersten Mal Sting im Ersten auftreten ließ. In seiner Wohnung in Köln empfing er Weltstars wie Tina Turner.
Sein schönstes Kompliment bekam er von Sammy Davis jr. in „Bio?s Bahnhof“: „Ich bin seit 53?Jahren im Showbusiness, und ich muss sagen, dies ist die originellste und am besten zusammengestellte Fernsehshow, in der ich jemals auftreten durfte.“
Mit seiner Homosexualität hat sich Biolek lange schwer getan. Erst mit etwa 30 Jahren gestand er sich selbst ein, dass er schwul war, gab dann alle seine Anzüge in die Altkleidersammlung und trug eine Zeit lang nur noch Jeans, Pullover und Lederjacke. Öffentlich sprach er nie darüber.
Lange war Biolek ein fester Bestandteil der Berliner Gesellschaft. Wenn er eines seiner rauschenden Feste gab, kamen alle: der Regierende Bürgermeister, der Ex-Kanzler, der Bundespräsident. Doch dann veränderte sich sein Leben: 2010 stürzte er auf der Treppe, zog sich Kopfverletzungen zu und fiel ins Koma. Danach war sein Gedächtnis weg. Erst beim Lesen seiner Autobiografie kehrte die Erinnerung zurück.
Anschließend zog er nach Köln zurück und verschwand aus der Öffentlichkeit. Angst vor dem Tod hatte der Katholik nicht. Einmal sagte er der dpa: „Ich habe das Gefühl, ich werde den Tod genauso entspannt erleben wie alle Dinge in meinem Leben.“
Ideengeber, Förderer und äußerst kreativ
Tom Buhrow, der ARD-Vorsitzende, sagte, mit Alfred Biolek „verlieren wir ein Allroundtalent des deutschen Fernsehens“. Er sei ein begnadeter Talkmaster, Ideengeber, Entdecker und Förderer gewesen und äußerst kreativ.
Jan Böhmermann („ZDF Magazin Royale“) twitterte „Auf Wiedersehen, Bio!“ und versah den Text mit einem dicken roten Herzen. Erst vor wenigen Tagen hatte er gesagt: „Ich schaue mir alte Biolek-Folgen bei Youtube an. Die sind fantastisch.“
Christine Strobl, die ARD-Programmdirektorin, schrieb: „Gespräche mit Leichtigkeit und Witz zu führen und dabei seinen Gästen nie zu nahe zu treten, war seine große Gabe. Wir werden ihn sehr vermissen.“
Rosa von Praunheim veröffentlichte ein schwarz-weißes Foto von Biolek auf Facebook und schrieb – garniert mit drei roten Rosen – dazu: „Im Gedenken an Alfred Biolek. Hochachtungsvoll, Rosa.“ - dpa