Ortsentwicklung

Ärztehaus: Größere Wohnungen „unverkäuflich“

Statt mit vier großen Wohnungen wird das Ärztehaus am Weiherplatz jetzt mit sechs kleineren geplant, weil der Verkauf stockte. Die direkten Nachbarn deuten das als schlechtes Zeichen. Auch im Gemeinderat gibt es kritische Stimmen.

13.12.2018

Von Frank Wewoda

Auf diesem Bauplatz hinter der Apotheke am Weiherplatz soll das Empfinger Ärztehaus wohl ab Ende Januar gebaut werden, in dem nun sechs statt vier Wohnungen geplant sind. Dafür wurde das Dachgeschoss um große Gauben ergänzt (kleine Abbildung). Zwei Nachbarn laufen Sturm. Einer mutmaßt, aus dem Ärztehaus werde in Zukunft ein reines Wohnhaus Bilder: Frank Wewoda, Bau Union West

Auf diesem Bauplatz hinter der Apotheke am Weiherplatz soll das Empfinger Ärztehaus wohl ab Ende Januar gebaut werden, in dem nun sechs statt vier Wohnungen geplant sind. Dafür wurde das Dachgeschoss um große Gauben ergänzt (kleine Abbildung). Zwei Nachbarn laufen Sturm. Einer mutmaßt, aus dem Ärztehaus werde in Zukunft ein reines Wohnhaus Bilder: Frank Wewoda, Bau Union West

Jetzt einfach von vier auf sechs Wohnungen zu springen, kann ich nicht akzeptieren“, sagte Helena Deuringer von der Unabhängigen Bürgerliste (UBL) am Dienstag in der Sitzung des Gemeinderats über die geänderten Pläne für das Ärztehaus. In diesem werden jetzt sechs kleine statt vier größeren Wohnungen geplant, der Investor änderte seinen Bauantrag entsprechend. Deuringer warf diesbezüglich die Frage nach „Planungsfehlern“ auf. „Das verändert jetzt den Charakter des ganzen Ärztehauses“, beklagte sie, ihr liege das Projekt an sich sehr am Herzen.

Profitmaximierung als Motiv?

Ähnlich äußerte sich ihr UBL-Nebensitzer Andreas Seifer zu den geänderten Plänen für das Ärztehaus,: „Die Anzahl der Wohnungen stört mich, die drei Stellplätze in der Einfahrt gefallen mir nicht – ich bin hin- und hergerissen“, bekannte Seifer. Die drei Parkplätze, die sich längs entlang der Tiefgarageneinfahrt gruppieren, mussten zusätzlich ausgewiesen werden, nachdem die Anzahl der Wohnungen gestiegen ist. Andreas Seifer mutmaßte über die Gründe für die Umplanung: „Mit mehreren kleineren Wohnungen ist mehr verdient als mit einer großen Wohnung.“

Fabian Zingerle erwiderte: „Mir wäre es lieber gewesen, ich hätte die großen Wohnungen verkauft.“ Zingerle ist der Geschäftsführer der in Hechingen ansässigen Bau Union West, die das Ärztehaus plant und finanziert. Er nahm am Dienstagabend auf der Besucherbank im Gemeinderat Platz. Sachlich begründete der Investor die geänderten Pläne mit mangelnder Nachfrage für die großen Wohneinheiten: „Wir haben ein verkaufstechnisches Problem.“ Die Folge: Ganz aus den Plänen gestrichen sind nun Wohneinheiten mit mehr als 124 Quadratmetern – dies ist die Fläche der nun größten Wohnung. Stattdessen sollen neben dieser geräumigsten Wohnung nun Einheiten mit 76, 89, 101, 108 und 111 Quadratmetern entstehen. „Wir mussten kurzfristig so handeln“, betonte Zingerle. Er hätte sonst befürchtet, die Wohnungen eventuell erst „nach ein oder zwei Jahren“ verkaufen zu können. Angesichts der Investitionen hätte dies ein für ihn untragbares Risiko bedeutet, so Zingerle. Ursprünglich war bei der Präsentation des Projekts von einem Zwei-Millionen-Projekt die Rede, nun sprach Zingerle von zirka drei Millionen Euro, die er investiere.

Da auch mit Hilfe eines Immobilienmaklers niemand auf die großen Wohnungen angesprungen sei, habe er reagieren müssen. Die Änderungen würden ihn mehr kosten als das, was an Mehreinnahmen zu erwarten sei. Zwei Dachloggien und eine Flachgaube nannte Zingerle etwa als Zusatzinvestitionen, um die nun neu geplanten Wohnungen für Käufer attraktiv zu gestalten. Dazu kamen vor allem versetzte Trennwände, alles ein enormer Aufwand. Für die Änderungen gab es in seinem eigenen Planungsstab offenbar keinen Beifall: „Sie hätten mal meinen Architekten und Statiker sehen müssen – selten bin ich so gefressen worden“, so Zingerle.

Uwe Gfrörer (WIR) äußerte sich froh darüber, dass Zingerle überhaupt als Investor für das Ärztehaus in der jetzigen Form gewonnen werden konnte. „Wohnungen mit 130 bis 170 Qudratmetern sind unverkäuflich in Empfingen“, erklärte Gfrörer und mahnte: „Wenn wir jetzt hier nein sagen, ist das Projekt gefährdet, dann haben wir das Ärztehaus vielleicht verloren.“

Der Gemeinderat musste am Dienstag entscheiden, ob er sich mit den geänderten Plänen einverstanden erklärt. Uwe Gfrörer räumte ein, er habe ein gewisses Verständnis für erboste Nachbarn, die aus Anlass der Planänderung erneut zur Stellungnahme aufgefordert wurden. Nach wie vor laufen zwei von ihnen Sturm gegen das Ärztehaus. Die Anwohner könnten nicht davon ausgehen, dass auf einem Bauplatz vor ihrer Türe niemals gebaut werde.

„Ich bin der Meinung, der Bau fügt sich in die Umgebung ein“, betonte Gfrörer außerdem. Der Investor sei anfangs auch auf die Nachbarn zugegangen. Xaver Kleindienst (UBL) meinte: „Die Quadratmeterzahl für die Praxen bleibt gleich, daher kann man dem Vorhaben weiter zustimmen.“ 600 Quadratmeter für Therapie- und Praxisräume sind von der Gemeinde verbindlich vorgeschrieben bei diesem Projekt. Am Ende gab der Gemeinderat einstimmig grünes Licht für die neuen Pläne.

Der Verkaufsstand gestaltet sich laut Investor wie vor der PLanänderung: Nach wie vor seien zwei Wohnungen, die von der Änderung nicht betroffen waren, fest reserviert. Außerdem sei eine Praxis für Logopädie im Erdgeschoss fix vergeben. Mit vielen Medizinern sei man in Kontakt und in Gesprächen, für Näheres sei es noch zu früh. Erneut mussten die Anwohner wegen der Änderung jetzt zu ihren Einwänden gegen das Bauvorhaben befragt werden. Ein Nachbar lässt sich durch einen Stuttgarter Anwalt vertreten.

Ein anderer Anwohner stellt persönlich schriftlich fest: „Dass bereits während der Planungsphase des Gebäudes eine Nutzungsänderung von vier auf sechs Wohnungen stattgefunden hat (...) deutet darauf hin, dass ein Ärztehaus mit vier Praxen nicht realisierbar sein wird und eine spätere Nutzungsänderung in ein reines Wohnhaus mit zehn Wohnungen bedeuten wird.“

Fabian Zingerle betonte gegenüber der SÜDWEST PRESSE: „Ich habe keine Sorgen, dass wir die Praxen verkauft bekommen.“ Die Vermarktung laufe jetzt erst richtig an. Im Gemeinderat hatte der Investor zwischenzeitlich von einem „Dienstleistungs-“ statt einem „Ärztehaus“ gesprochen.

Bürgermeister Ferdinand Truffner erklärte gegenüber unserer Zeitung, dass ihm die noch leeren Praxen keine Sorgen bereiteten: „Es gibt Interessenten. Ob man alle Praxen gleich zum Einzug besetzt hat, bleibt abzuwarten. Bei den Wohnungen ist alles noch offen.“ Es sei denkbar, dass dort etwa ein Steuerberater oder ein Rechtsanwalt einziehe.

Einwendungen wohl aussichtlos

Truffner betonte, die Änderungen habe der Investor mit der Baurechtsbehörde in Horb vorab abgestimmt. Die größtenteils nur wiederholten Einwendungen der Nachbarn gelten als aussichtslos, da sie mit der ersten Baugenehmigung bereits größtenteils abschlägig beschieden wurden zu Gunsten des Bauvorhabens.

Ärztehaus: Größere Wohnungen „unverkäuflich“

Baubeginn am Empfinger Ärztehaus jetzt Anfang 2019

Zwischen Weiherplatz und Schanzgasse, auf dem Grundstück hinter der Apotheke, entsteht das neue Empfinger Ärztehaus nach Plänen des Architekten Ruediger Mengis. Baubeginn soll Anfang 2019 sein, für Ende 2019 ist die Fertigstellung der Praxen laut Bauträger Bau Union West geplant. Der Komplex wird aus zwei Gebäudeteilen bestehen. Der nördliche hat ein Flachdach, der südliche ein Satteldach. Neben vier Praxen entstehen nach überarbeiteter Planung sechs Wohnungen mit Größen von 76, 89, 101, 108, 111 und 124 Quadratmetern, Die Zufahrt zur Tiefgarage wird auf dem Grundstück liegen, wo heute noch das zum Abriss vorgesehene Wohnhaus der Apothekerin steht. Die Anfahrt und Erschließung erfolgt vom Weiherplatz aus. Nachdem sich die Wohnungszahl von vier auf sechs erhöht hat, entstehen bei der Tiefgarageneinfahrt entstehen drei weitere Parkplätze.

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Erstellt:
13.12.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 13sec
zuletzt aktualisiert: 13.12.2018, 01:00 Uhr

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