Handball

Akzeptierte Außenseiter

Auch wenn sie sportlich gegen die Topteams keine Chance haben, gehören Nationen wie Chile oder Saudi-Arabien zu einer WM dazu.

20.01.2017

Von SEBASTIAN SCHMID

Obwohl Esteban Salinas mit Chile gegen Deutschland chancenlos war, sorgten die Handballer in der Heimat für Schlagzeilen. Foto: afp

Obwohl Esteban Salinas mit Chile gegen Deutschland chancenlos war, sorgten die Handballer in der Heimat für Schlagzeilen. Foto: afp

Rouen. Spannend war die WM bislang für die deutschen Handballer und ihre Fans nun wirklich nicht. So richtig beginnt das Turnier erst heute mit dem Spiel gegen Kroatien (17.45 Uhr/live bei handball.dkb.de), in dem es um den Gruppensieg geht (siehe Extra-Artikel). Die Siege gegen Ungarn (27:23), Chile (35:14), Saudi-Arabien (38:24) und Weißrussland (31:25) waren keine Standortbestimmungen. Deshalb freuen sich alle beim Europameister, dass es endlich ernst wird. „Jetzt beginnen die Endspiele“, kündigte Sigurdsson an.

Der Isländer versuchte die Aufgaben genauso professionell anzugehen wie seine Spieler. Wohl wissend, dass diese Teams deutlich schwächer sind. „Die Spiele waren sicherlich für die Zuschauer nicht immer spannend“, sagt Sigurdsson: „Aber solche Spiele gehören zu einer WM. Da darf man keine Demut zeigen und muss voll durchziehen.“

Mit Saudi-Arabien und Chile traf Deutschland auf zwei Teams, die vor dem Turnier in Frankreich noch nie einen WM-Sieg feiern konnten. Da Weißrussland und Ungarn nicht zu den absoluten Topteams in Europa gehören, kam von Anfang an nur Kroatien als Konkurrent um Platz eins infrage. In anderen Gruppen geht es hingegen spannender zu. Auch, weil die schwächeren Teams dort stärker sind. Brasilien beispielsweise schlug Polen, vor zwei Jahren noch Dritter bei der WM in Katar, mit 28:24. Selbst Bahrain ärgerte Olympiasieger Dänemark bis in die Schlussminuten, auch wenn das Spiel 26:30 verloren ging.

Für die Spieler der Außenseiter sind solche Auftritte die Höhepunkte ihrer Karriere. Die WM bietet die Plattform, um Handball in der Heimat nach vorne zu bringen. „Wir waren nach dem Sieg gegen Weißrussland auf der Titelseite einer der größten Zeitungen Chiles“, berichtet beispielsweise Emil Feuchtmann. Mit seinen Teamkollegen kann er heute ins Achtelfinale einziehen. Damit würde die Sportart, aktuell hinter Fußball und Tennis Nummer drei in Chile, einen weiteren Popularitätsschub bekommen.

Dass die Exoten den Turnieren eine besondere Note verleihen, weiß Sigurdsson aus erster Hand. „Sie gehören dazu. Es gibt immer wieder Wunder. Das hat man an Island bei der Fußball-EM gesehen.“ Der krasse Außenseiter warf im Achtelfinale England aus dem Turnier, bevor gegen Gastgeber Frankreich Schluss war.

Allerdings darf man es nicht übertreiben. Ab 2020 wird auch die EM von 16 auf 24 Mannschaften aufgestockt, dann dürfte es auch dort ähnliche Kantersiege geben. Mit der Aufstockung ist die Grenze für DHB-Vize Bob Hanning aber erreicht: „48 Mannschaften wie im Fußball wäre reiner Selbstmord.“