Alibi-Funktion

Wieviel Fairtrade ist in der Tübinger Chocolart?

08.12.2016

Von Matthias Rude

„Wir wollen, dass unser Genuss nicht auf Kosten von den Menschen in den Anbauländern geht“, sagte Palmer bei der Eröffnung der 11. Chocolart – so das TAGBLATT. Ja, das können sie gut: Seit Jahren singen TAGBLATT, Palmer und Veranstalter im Chor, Fairtrade hätte bei der Chocolart „einen besonders hohen Stellenwert“ oder stünde gar im Mittelpunkt des Festivals; um entsprechende Worthülsen war man noch nie verlegen.

Fragt man genauer nach, ergibt sich ein völlig anderes Bild: Nach Angaben der „Tübingen erleben GmbH“ verkaufen von insgesamt über hundert gerade einmal fünf Stände ausschließlich Fairtrade-Produkte! Dass das Tamtam um Fairtrade in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Angebot steht, zeigt, dass es keineswegs ernst gemeint ist, sondern eine Alibi-Funktion hat: Es geht darum, das Gewissen zu beruhigen.

Wenn, sagen wir, mehr als die Hälfte der angebotenen Produkte aus fairem Handel stammen würden, könnte man beginnen, darüber nachzudenken, ob es gerechtfertigt ist, davon zu sprechen, dass Fairtrade bei der Chocolart einen hohen Stellenwert hat. Im Moment sieht es so aus: Im Rathaus-Foyer können die Besucher sich den 30-Kilo-Sack über die Schulter werfen, den die Kinder auf den Kakaoplantagen täglich zu tragen haben; dann sollen sie mehrheitlich jene Produkte kaufen, die aus genau solchen ausbeuterischen Produktionsbedingungen stammen. Das ist absurd, entfremdet, paradox.

Um es deutlich zu sagen: Euer Gerede von „Fairtrade“ ist ein Witz, der Jahr für Jahr schlechter wird.