Narrentreiben

Alle elf Jahre wieder

Der Fasnetclub Unterjesingen veranstaltet am Sonntag seinen zweiten Umzug in 22 Jahren. Er hat in 25 Ländern geworben.

24.01.2017

Von Moritz Hagemann

Der Wengerter, zentrale Figur des Fasnetclub Unterjesingen, soll den Weinbau im Ort symbolisieren. Zudem gibt es den Wengertschütz, die Hexen und die Lumpenkapelle „Diadovododovoiberallher“. Vereinsbild

Der Wengerter, zentrale Figur des Fasnetclub Unterjesingen, soll den Weinbau im Ort symbolisieren. Zudem gibt es den Wengertschütz, die Hexen und die Lumpenkapelle „Diadovododovoiberallher“. Vereinsbild

Jörg Stickel erinnert sich noch genau an den 3. Mai 1995. „Da saßen wir bei mir daheim im Zimmer“, sagt der heute 50-Jährige. Wir, das waren Fasnets-Interessierte aus Unterjesingen. „Und da dachte ich, dass wir doch selbst einen Verein machen können“, sagt Stickel. Die Geburtsstunde des Fasnetclub Unterjesingen, der über 240 Mitglieder und mit Stickel heute noch denselben Vorsitzenden wie im Mai 1995 hat.

An jedem elften Geburtstag organisiert der FCU einen Umzug. Den ersten gab’s am 29. Januar 2006, den zweiten am kommenden Sonntag (ab 13.30 Uhr) – auf den Tag genau elf Jahre später. „Schon über ein Jahr planen wir“, sagt Stickel, dessen FCU eigens einen Festausschuss gegründet hat. Aus finanziellen Gründen sei nicht in jedem Jahr ein solcher Akt zu stemmen (siehe Kasten).

Der Umzug startet beim Bahnhof Mitte, läuft durch die Untere Straße, die Brunnenhalde und dann auf der Hauptstraße in Richtung Tübingen. Beim Metzger biegen die Narren nach rechts wieder in Richtung Bahnhof. Vor elf Jahren hatten die Unterjesinger 36 Gruppen dabei, über 2000 Zuschauer säumten die Strecke. Neun Gruppen mehr laufen nun mit, „wir hätten locker 150 Gruppen dabei haben können“, sagt Stickel. Zwar veranstaltet der FCU sonst jedes Jahr seine Abendveranstaltung in der Halle beim Sportplatz. Die ist aber nicht groß, „da können wir immer nur fünf Zünfte einladen.“

Trotz vieler Anfragen hat sich der Fasnetclub bewusst dafür entschieden, nun einige Zünfte abzulehnen. „Wir wollen relativ klein bleiben“, sagt Stickel, das fördere die familiäre Atmosphäre. Viele befreundete Zünfte sind dabei. Die Ausnahme: Aus Oberau bei Garmisch-Partenkirchen hat sich der Musikverein angekündigt. Über eine Oberndorferin kam der Kontakt zustande. „Die wollen einfach mal sehen, wie das bei der schwäbisch-alemannischen Fasnet abläuft.“

Wer nach dem Zentrum des Umzuges fragt, wird von den Unterjesingern in die „Ondre Gass“ geschickt: die Untere Straße, „unsere Partymeile“, wie Stickel sagt. Dort befinden sich zwölf der insgesamt 20 Verkaufsstände, dort hängen schon seit zwei Wochen die Fetzen über der Straße. Bei den kritischen Stimmen aus dem Ort hofft er auf Akzeptanz für das seltene Ereignis, der Rest sei voll dabei: „Die Leute haben ihre Scheunen und Garagen ausgeräumt“, erzählt Stickel, sie dienen als Verkaufsflächen. „Wir wollen eine echte Straßenfasnet haben.“

Um diese zu bewerben, kam Mitglied David Dessecker eine Idee: So nahmen Mitglieder eine Clubfahne mit Umzugsdatum auf Reisen mit und schossen Erinnerungsfotos. Auf Facebook teilte der FCU die Bilder aus 25 Ländern und vier Kontinenten. Die Fahne schaffte es vor den koreanischen Königspalast in Seoul, an die Niagarafälle, nach Sansibar, Thailand und sogar vor das Weiße Haus. „Grandiose Bilder“, sagt Stickel, der auch stellvertretender Ortsvorsteher ist.

Ist das närrische Treiben am Sonntag vorüber, werde es wieder elf Jahre dauern, bis es den nächsten Umzug im Ort gibt. Um die Zukunft macht sich Stickel keine Sorgen: „Unser Narrensamen wächst und gedeiht prächtig, da kommt was nach.“

Jörg Stickel  Vereinsbild

Jörg Stickel Vereinsbild

B 28 bleibt mehrere Stunden gesperrt

Die Unterjesinger Ortsdurchfahrt (B28) ist am kommenden Sonntag ab 12 Uhr gesperrt – in alle Richtungen. Und zwar bis alles wieder sauber ist, also etwa gegen 17 Uhr. Dafür fährt die Ammertalbahn am Sonntag von 12 bis 19 Uhr jede halbe anstatt immer nur zur vollen Stunde. Wer von Tübingen in Richtung der A81 will, muss in Rottenburg statt in Herrenberg auf die Autobahn auffahren. Die Umleitung ist ausgeschildert. Weil die Ausschilderung schon auf der Autobahn beginnt, ist sie für den Fasnetclub nicht billig. Eine Summe im mittleren vierstelligen Bereich wird fällig – auch ein Grund dafür, warum der Umzug nicht in jedem Jahr stattfinden kann.

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Erstellt:
24.01.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 54sec
zuletzt aktualisiert: 24.01.2017, 01:00 Uhr

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