Ausstellung im Sülchgau-Museum

Als die Bahn noch Aufbruch brachte

Liebevoll gestaltete Modelleisenbahnen und historische Exponate zur Eisenbahngeschichte im Oberen Neckartal kann man in der Rottenburger Zehntscheuer anschauen.

14.11.2016

Von Werner Bauknecht

Nicht ganz der historischen Wahrheit entspricht die Darstellung des Bahnübergangs an der Rottenburger Hirschkreuzung: Postbus und Schuppen erinnern an die 1950er Jahre. Aber der Bahnarbeiter, der die kaputte Schranke durch ein Band ersetzt, stammt ohne Zweifel aus dem 21. Jahrhundert. Nach einem Autounfall im September 2014 war jene Schranke fünf Monate lang außer Betrieb, weil die Deutsche Bahn AG keine Ersatzteile beschaffen konnte. Bilder: Rippmann

Nicht ganz der historischen Wahrheit entspricht die Darstellung des Bahnübergangs an der Rottenburger Hirschkreuzung: Postbus und Schuppen erinnern an die 1950er Jahre. Aber der Bahnarbeiter, der die kaputte Schranke durch ein Band ersetzt, stammt ohne Zweifel aus dem 21. Jahrhundert. Nach einem Autounfall im September 2014 war jene Schranke fünf Monate lang außer Betrieb, weil die Deutsche Bahn AG keine Ersatzteile beschaffen konnte. Bilder: Rippmann

Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen dem Modelleisenbahnclub Rottenburg (MEC) und dem Sülchgauer Altertumsverein (SAV). Der Club feiert 50 Jahre MEC, der SAV erinnert an den Bau der Bahnstrecke Rottenburg-Horb vor 150 Jahren.

„Die Eisenbahn war einst die modernste Technik der Welt“, sagte die SAV-Vorsitzende Dorothee Ade am Samstagabend in ihrer Begrüßung vor etwa 100 Gästen. „Das vergisst man heute leicht.“ Als die ersten Dampfloks Mitte des 19. Jahrhunderts ins Neckartal kamen, „wurden die Entfernungen geringer“. Denn nun brauchten die Rottenburger keine Pferdekutsche mehr, um beispielsweise nach Stuttgart zu kommen – und bald auch zum Bodensee und in die Schweiz.

Rottenburgs Baubürgermeister Thomas Weigel verglich die Technik der damaligen Bahn mit der heutigen Errungenschaft von Whatsapp. Die Bahn sei nicht „out“. Heute geht es um die Regionalstadtbahn.

Bastler im Bieringer Bahnhof

Der MEC befindet sich erst seit sechs Jahren in Rottenburg, sagte der Vorsitzende Stefan Speidel. Gegründet wurde der Verein 1966 in Tübingen. Nach vielen Umzügen und Übergangslösungen befinden sich die Vereinsräume seit 2010 im alten Bieringer Bahnhofsgebäude. Viele Ausstellungen hat der MEC bereits orrganisiert, darunter eine vor fünf Jahren in der Rottenburger Zehntscheuer: Damals jährte sich der Bau der Strecke Reutlingen-Tübingen-Rottenburg zum 150. Mal.

Nachdem der Verein zwischenzeitlich auf nur acht aktive Mitglieder geschrumpft war, geht es seit einiger Zeit wieder aufwärts. Aktuell hat der MEC 31 Mitglieder.

Im Maßstab 1:160 nach Eyach

Unterhalten wurden die Vernissagen-Gäste von einem Quartett der Musikschule Rottenburg. Deren Leiter Karlheinz Heiss spielte Piano. Zum Repertoire gehörte auch ein verswingtes „Auf dr schwäbsche Eisebahne.“

Blickfang der Ausstellung im Sülchgau-Museum ist eine vom MEC aufgebaute 20 Meter lange Modelleisenbahn mit Spur N (Spurweite neun Millimeter). Die Anlage ist im Maßstab 1:160 gebaut und zeigt die Strecke von Eyach bis Rottenburg. „Wir haben versucht, die einzelnen Abschnitte und Bahnhöfe so echt wie möglich zu bauen“, sagte MEC-Mitglied Burghard Dönninghaus.

Den Hintergrund bilden Originalfotos oder Zeichnungen der Strecke, im Vordergrund verläuft der Nachbau dieser Topographie. Viele Gebäude, vor allem die Bahnhöfe, sind Eigenbauten. Andere wurden im Bausatz gekauft, und dann an das Original so gut wie möglich angepasst.

Historische Fahrkarten

Viele Details fallen erst beim zweiten Hingucken auf. Da wartet zum Beispiel ein Laster vor der gesenkten Schranke, im Wald steht ein Holzhaus und davor ein winziger Waldarbeiter.

Für die im Raum verteilten Vitrinen hat der SAV wahre Schmankerl aufgetrieben. Zum Beispiel gieine Postkarte, die zwei vom Wirbelsturm umgeworfene Waggons bei Eutingen zeigt. Daneben steht eine wunderbare Sammlung alter Fahrkarten. Eine Monatskarte von Bieringen nach Tübingen kostete 1967 schon 19 D-Mark.

Außerdem hat der SAV eine typische Schaffner-Ausrüstung des vergangenen Jahrhunderts zusammen gestellt. Unter anderem eine Trillerpfeife, ohne deren Pfiff kein Zug starten durfte. Außerdem finden sich verschiedene Modelle von Lokomotiven und Waggons von Rivarossi in der Ausstellung, die das Herz jedes Sammlers höher schlagen lassen.

Auch den Horber Bahnhof haben die MEC-Bastler im Sülchgau-Museum nachgebaut: Hier greift Bernhard Reiß ein.

Auch den Horber Bahnhof haben die MEC-Bastler im Sülchgau-Museum nachgebaut: Hier greift Bernhard Reiß ein.

Rottenburg und Horb: Zwei Ausstellungen gleichzeitig

Die Ausstellung im Rottenburger Sülchgau-Museum (Zehntscheuer) läuft noch bis zum 30. April 2017. Das Museum ist allerdings nur sechs Stunden in der Woche geöffnet: Dienstag, Donnerstag und Sonntag jeweils von 15 bis 17 Uhr (und nach Vereinbarung). Der Eintritt kostet 2 Euro, ermäßigt 1 Euro.

Bis zum 12. März erinnert auch eine Ausstellung im Stadtmuseum Horb an die Anfänge der Eisenbahn im Oberen Neckartal: Montag, Mittwoch, Freitag und Sonntag jeweils von 14 bis 17 Uhr.

Zum Artikel

Erstellt:
14.11.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 43sec
zuletzt aktualisiert: 14.11.2016, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!