Mögen muss man Bateman nicht. Für kühles Amüsement aber ist er der rechte Partner .

American Psycho

Mögen muss man Bateman nicht. Für kühles Amüsement aber ist er der rechte Partner .

24.11.2015

Von Thomas Mauch

American Psycho

Es geht um Männer. Und Männer bleiben immer Kind. Da sitzen die Yuppies in "American Psycho" in geselliger Runde und protzen mit ihren Visitenkarten, wie sich Kinder beim Quartettspiel gegenseitig über trumpfen wollen. Das ist komisch und das ist traurig.

Das ist in der Logik aber nur grotesk konsequent, dass der Unterlegene den siegreichen Konkurrenten dann mit ande ren Mitteln aus dem Weg zu räumen versucht. Darf auch ein kleiner Mord sein.

In der Welt von Patrick Bateman, einem jungen Wallstreet-Broker, ist alles Oberfäche. Glanzvolle Politur. Akribisch präsentiert er in der ersten Vorstellung seiner Person ein opulentes Set an Körperpflegemitteln. In Markenartikeln sucht er Vergewisserung und findet hinter der Luxustünche immer nur ein emotionales Nichts.

Auch Sex und Drugs und Designer-Pop vermögen das nicht zu stopfen. Wunderbar aber weiß Bateman über die besonderen Vorzüge solch inhaltsleerer Hitproduktionen wie Phil Collins und Whitney Houston zu dozieren, während er sich gerade an sein einziges wirkliches Hobby macht: Mit Serienmorden will er der Ödnis der Seele entkommen.

Was an dem Gemetzel in der Romanvorlage von Bret Easton Ellis luzide in Worten ausgebreitet wird, ist beim Übertrag in die Massenware Kino von der Regisseurin Mary Harron dezent ausgespart. Andeutungen müssen genügen.

Der Verzicht auf Blutrünstigkeit kommt aber nicht nur der Freigabepolitik entgegen (laut FSK-Vermerk ist der Film ab 16), sondern sorgt dafür, dass die Splatter-Szenen im Kopf passieren. Der Kinobesucher wird zum Komplizen.

Man neigt gar zum Verständnis für den Psychopathen, selbst wenn Bateman alles tut, um sich die Sympathien zu verscherzen. Christian Bale gibt ihn perfekt als echten Kotzbrocken. Parteigänger eines unerträglich blasierten Packs. Eine Studie im Schnöseltum als Sittenbild der Achtziger, die noch lange nicht vorbei sind.

Denn nichts hat sich verändert. Manches noch verschärft. Der Kapitalismus schleudert weiter inhaltsleer Batemans auf die Habenseite. Bei der Arbeit sieht man Bateman und seine Blase übrigens nicht, während ihre Abschöpfung der Rendite - wenn sie um Reservierungen für Luxus-Restaurants rangeln - ins Groteske getrieben wird. Das sorgt für bissige Lacher. Satirische Reflexe auf einer glatt polierten Oberfläche, an der alle Emotionen (auch die der Kinogucker) abgleiten.

Das warme Farbspektrum (man mag es stellvertretend für Leben sehen) ist im Film weitgehend ausgeblendet. Immer bewegt sich die Kamera in einer stahlblauen Optik. Kühle Blicke in ein gefühlskaltes Aquarium. Nur zum Schluss taucht daraus Patrick Bateman doch noch schmerzverzerrt und schwitzend auf. Ecce homo. Ein Mensch. Ein Monster. Erlösung winkt ihm nicht.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 18sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Chewbacca 09.04.200512:00 Uhr

Ein unterkühlter, unorigineller und uninteressanter Thriller. Hinzu kommen die äußerst blassen Darsteller, die (teils auch wegen des schwachen Drehbuchs) ihren Charakteren keinerlei Konturen abgewinnen können. Note: 2/10