Immer wieder Verstöße

Amtsgericht bestätigt Bußgeldbescheide gegen Zelle-Mitarbeiter, reduziert sie aber

Zwei Zelle-Mitarbeiter haben Widerspruch gegen Bußgeldbescheide der Stadt eingelegt. Das Amtsgericht bestätigte gestern zwar die Bußgelder, reduzierte sie aber deutlich in der Höhe, von 1800 beziehungsweise 1500 auf jeweils 500 Euro.

23.06.2016

Von Uschi Kurz

Nach der Verhandlung demonstrierten Zelle-Mitarbeiter/innen und Sympathisanten gestern vor dem Amtsgericht für ihr autonomes Zentrum. Bild: de Marco

Nach der Verhandlung demonstrierten Zelle-Mitarbeiter/innen und Sympathisanten gestern vor dem Amtsgericht für ihr autonomes Zentrum. Bild: de Marco

Reutlingen. Nach der Techno-Party am 31. Oktober, die bis weit in den 1. November hinein dauerte, erhielten Felix Längl, der die Veranstaltung angemeldet hatte, und Zelle-Vorstand Philipp Henes Bußgeldbescheide, weil sie gegen die Auflagen verstoßen haben sollen. Beide legten Widerspruch ein.

Nachdem der Prozess in der vergangenen Woche (ohne Zeugen und ohne Staatsanwalt) vertagt worden war, fand sich auch zur gestrigen Verhandlung (diesmal mit Zeugen und Staatsanwalt) ein buntes Völkchen von Zelle-Unterstützern im großen Saal ein. „Kein Lärm, kein offenes Feuer und die Polizei darf rein“, so fasste Amtsrichterin Julia Hutzel knapp die Auflagen der Stadt zusammen. Um festzustellen, ob es die Verstöße gegen diese Auflagen überhaupt gab, hörte sie als Zeugen zunächst den Leiter des Reutlinger Ordnungsamtes, Albert Keppler. Der betonte, dass es in der Vergangenheit immer wieder Verstöße gegeben habe, „meistens wegen Lärmbelästigung“. Im vorliegenden Fall habe sich der Zelle-Verein gewerblich betätigt und Gewinn erwirtschaftet. Der Eintritt habe sieben Euro betragen, 800 Leute hätten die Veranstaltung besucht: „Daran bemisst sich die Höhe des Bußgeldes.“

Der Ordnungsamtsleiter erwähnte auch, dass es bei der besagten Veranstaltung „zwei medizinische Notfälle“ gegeben habe. Dem Einwand von Rechtsanwalt Axel Oswald, der den Zelle-Vorstand Henes vertrat, ähnliche Vorfälle gebe es auch in Bierzelten häufig, setzte er entgegen, dass speziell bei Techno-Veranstaltungen ein Umfeld geschaffen werde, „das sehr attraktiv für Drogen- Konsumenten und Dealer ist“.

Die drei Polizeibeamten, die im Laufe der Nacht und am Morgen Dienst hatten, bestätigten die Vorwürfe der Stadt. Die Feuertonne habe gebrannt, die Musikanlage sei im Außenbereich „volle Kanne“ gelaufen und der Veranstalter habe den Beamten den Zutritt verweigert. Gerade bei Technoveranstaltungen, meinte ein Beamter, komme es häufig zu BTM-Verstößen. Das habe nichts mit der Zelle zu tun, räumte er ein, allerdings seien andere Veranstalter kooperativer.

Was denn dagegen spreche, die Polizei aufs Gelände zu lassen, wollte daraufhin Staatsanwalt Burghard Werner wissen. Die „schlechten Erfahrungen“, die man mit der Polizei gemacht habe, lautete die Antwort der Zelle-Mitarbeiter. Sowohl der Jugendschutz („unter 18 Jahre lassen wir niemanden rein“) als auch der medizinische Notdienst werde mit eigenen Ordnungskräften vorgehalten. So sei am fraglichen Abend der Krankenpfleger Henes als Sanitäter im Einsatz gewesen.

Während der Staatsanwalt nach fast dreistündiger Beweis-Aufnahme die Verstöße für erwiesen und die Höhe der Bußgelder in beiden Fällen für „schuld- und tatangemessen“ hielt, fand Rechtsanwalt Oswald, dass zumindest im Falle des Zelle-Vorstands der Ordnungswidrigkeiten-Paragraf keine Anwendung finden sollte. Er beantragte, seinen Mandanten von den Vorwürfen freizusprechen.

„Sie können den Vorstand nicht an der Garderobe abgeben“, sah die Richterin auch bei Henes ein fahrlässiges Vernachlässigen seiner Pflichten. Allerdings reduzierte sie die Bußgelder in beiden Fällen.

Der Vergleich zwischen Stadt und Zelle

Angeregt vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat die Stadt Reutlingen 2014 mit dem autonomen Jugendzentrum Zelle einen Vergleich getroffen. Darin verpflichtete sich die Zelle, dann eine Schanklizenz zu beantragen, wenn Veranstaltungen nicht nur in Zelle-Räumlichkeiten, sondern auch im bewirtschaften Außenbereich stattfinden und mindestens fünf Euro Eintritt kosten. Im vorliegenden Fall hatte die Stadt eine Gaststättengestattung erteilt, aber folgende Auflagen gemacht: Kein Musikbetrieb und kein offenes Feuer im Außenbereich sowie der ungehinderte Zutritt für Mitarbeiter des Ordnungsamtes und der Polizei. Weil gegen diese Auflagen verstoßen wurde, erließ sie Bußgeldbescheide gegen die Veranstalter und den Zelle-Vorstand.

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Erstellt:
23.06.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 41sec
zuletzt aktualisiert: 23.06.2016, 01:00 Uhr

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