Lehrstuhl für Naturheilkunde und Integrative Medizin

Kabinettsbeschluss: Künftig Erforschung alternativer Heilmethoden an der Uni Tübingen

Die grün-schwarze Landesregierung lässt 2019 den ersten Lehrstuhl für Naturheilkunde und Integrative Medizin in Baden-Württemberg einrichten. Lehrstuhl für Naturheilkunde und Integrative Medizin

16.10.2018

Von dpa/lsw

Eine Ärztin bringt Akkupunkturnadeln an dem Ohr eines Patienten an. Foto: Waltraud Grubitzsch/Archiv dpa/lsw

Eine Ärztin bringt Akkupunkturnadeln an dem Ohr eines Patienten an. Foto: Waltraud Grubitzsch/Archiv dpa/lsw

Stuttgart/Tübingen. Ihren Schwerpunkt soll die Professur im Bereich Onkologie haben. Strömungen wie Homöopathie oder Anthroposophie sollen nicht gelehrt, aber innerhalb der Lehre beleuchtet werden, sagte Ingo Autenrieth, Dekan der Medizinischen Fakultät in Tübingen am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. «Ideologien und alles, was nichts mit Wissenschaft zu tun hat, sortieren wir aus.»

Die Professur soll sich demnach mit Themen wie Ernährung, Probiotika und Akupunktur beschäftigten. Geplant ist laut Wissenschaftsministerium, die Lehre in Tübingen anzusiedeln; die Erforschung der komplementären Therapien soll vorwiegend am Centrum für Tumorerkrankungen des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart stattfinden. Die Robert-Bosch-Stiftung finanziert die Professur in den ersten fünf Jahren mit insgesamt 1,84 Millionen Euro, danach soll das Land die Mittel dafür bereitstellen.

«Naturheilkunde und komplementäre Behandlungsmethoden werden von vielen Menschen ganz selbstverständlich genutzt, beispielsweise zur Ergänzung konventioneller Therapieangebote», begründete Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) das Engagement. Sogenannte sanfte oder natürliche Methoden könnten schwere Krankheiten wie etwa Krebs alleine nicht heilen, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Wissenschaftliche Ergebnisse zeigten aber, dass sie häufig zu Therapieerfolgen beitragen könnten, da sie den Patienten helfen, schulmedizinische Therapien gut zu überstehen - etwa die schweren Nebenwirkungen von Chemotherapien mindern.

Im Gegensatz zur Schulmedizin gebe es bisher aber kaum kontrollierte klinische Studien zur Wirksamkeit solcher Therapien, ergänzte Ingo Autenrieth. Ihre Erforschung am neuen Lehrstuhl solle Patienten Sicherheit bringen und ermöglichen, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten dafür übernehmen.

Hersteller alternativer Arzneimittel loben den Schritt der Politik. «Baden-Württemberg nimmt damit eine Vorreiterrolle in Deutschland und in Europa ein», heißt es beim Unternehmen Wala Heilmittel GmbH in Bad Boll. Die Landesregierung trage mit der Entscheidung dem Wunsch vieler Patienten und Ärzte nach umfassenden Behandlungskonzepten Rechnung.

Auch hoffen die Unternehmen, dass Licht in die oft kritische Debatte um Homöopathie gebracht wird. «Wir sehen mit Erstaunen und Befremden, dass eine bewährte Therapierichtung wie die Homöopathie, die Teil der Vielfalt des therapeutischen Angebots in Deutschland ist, diskreditiert werden soll», sagte ein Sprecher des Herstellers Weleda AG mit Sitz in Schwäbisch Gmünd der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb begrüße man den Lehrstuhl: «Es ist gut, dass Forschung und Lehre ausgebaut werden, da eine Mehrheit der Bevölkerung Komplementärmedizin wünscht und nachfragt. Es braucht Ärzte, die in diesen Bereichen auch universitär ausgebildet werden.»

Laut Koalitionsvertrag will Baden-Württemberg künftig eine Vorreiterrolle in der Erforschung der Komplementärmedizin einnehmen. Bisher gab es im Südwesten mit dem Akademischen Zentrum für Komplementäre und Integrative Medizin (AZKIM) zwar einen Verbund der Unikliniken Tübingen, Freiburg, Ulm und Heidelberg, aber keinen eigenen Lehrstuhl. Bundesweit existieren nach Angaben der Hufelandgesellschaft, dem Dachverband der Ärztegesellschaften für Naturheilkunde und Komplementärmedizin, Lehrstühle für Naturheilkunde noch an den Universitäten Duisburg-Essen, Rostock und Witten/Herdecke sowie drei Stiftungsprofessuren an der Berliner Charité.

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Erstellt:
16.10.2018, 14:00 Uhr
Aktualisiert:
16.10.2018, 16:40 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 16.10.2018, 16:40 Uhr

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