Ein Großereignis für Arktis- und Ethno-Freaks. Für Cineasten aber auch.

Atanarjuat - Die Legende vom schnellen Läufer

Ein Großereignis für Arktis- und Ethno-Freaks. Für Cineasten aber auch.

24.11.2015

Von che

Atanarjuat - Die Legende vom schnellen Läufer

Ein Film aus Kanada - das klingt zunächst nicht besonders spektakulär. Mit den Werken von David Cronenberg oder Atom Egoyan hat „Atanarjuat die Legende vom schnellen Läufer? aber weder optisch noch inhaltlich etwas gemeinsam. Er entstand fast 3000 Kilometer nördlich von Toronto in der arktischen Wildnis. Es ist, und schon das ist ein Ereignis für sich, der erste Kino-Spielfilm aus den Reihen der Inuit, die im Volksmund Eskimos genannt werden.

Regisseur Zacharias Kunuk war sich des historischen Moments offenbar bewusst, so dass er sich für das Kino-Debüt seiner Landsmannschaft eine Art Nibelungen-Saga der Inuit-Historie ausgesucht hat. In dieser seit Jahrhunderten mündlich überlieferten Erzählung geht es um Sippenzwist, Machtgier, Eifersucht und Rache - und natürlich um eine leidenschaftliche Liebe.

Nun ist Kunuk kein Eingeborener, dem ein netter Missionar eine Kamera zum Draufhalten in die Hand gedrückt hat. Vielmehr dreht er schon seit Mitte der achtziger Jahre Dokumentationen über die Inuit-Kultur fürs Fernsehen. Das Film-Handwerk beherrscht er demnach perfekt. Dass er sich auch in Sachen Kunstfertigkeit nicht hinter den avanciertesten Gegenwarts-Regisseuren zu verstecken braucht, ist allerdings eine Überraschung.

Entsprechend dem eher betulichen Lebenrhythmus in der Arktis, lässt sich Kunuk viel Zeit beim Erzählen. Alltagsverrichtungen wie das Zubereiten von Mahlzeiten oder der Umgang mit Schlittenhunden nehmen fast genau so viel Raum ein wie der Fortgang des Dramas. Genau dieser Kontrast macht aber den Reiz des Films aus. Das nüchtern Ethnografische ist ein solides Fundament, von dem aus man dem Regisseur den urgewaltigen Konfliktstoff zunehmend gierig aus der Hand frisst. Umgekehrt sorgt das Ungestüm der Handlung dafür, dass die Schönheit der (Landschafts-)Bilder und die exotische Staffage nie zu bloßem Ethno-Klimbim missraten.

Natürlich braucht, wer primär an Hollywood geschult ist, ein bisschen Geduld mit dem eigentümlichen Rhythmus und dem bizarren Outfit dieses Films. Ist man erst einmal darauf eingepeilt, fällt es aber schwer, sich dem meditativen Sog wieder zu entziehen. Nicht ganz unschuldig daran ist der wuchtige (und völlig unarktische) Soundtrack, den man auch ohne Film als Last-Minute-Weihnachtsgeschenk nur empfehlen kann.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 04sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Dieter Christ 26.01.200612:00 Uhr

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