Horb · Bestattungskultur

Auf dass Ruhe einkehre …

Der Horber Ruhewald sollte ein Ort des Friedens sein. Doch immer wieder gerät er in die Kritik, die allerdings Ausnahmen sind.

14.05.2020

Von Dagmar Stepper

Nach einer Bestattung ist zehn Tage lang Blumenschmuck im Ruhewald erlaubt. Danach wird er entfernt.Bild: Karl-Heinz Kuball

Nach einer Bestattung ist zehn Tage lang Blumenschmuck im Ruhewald erlaubt. Danach wird er entfernt.Bild: Karl-Heinz Kuball

Sanft schimmert das frische Grün der Bäume im Sonnenlicht. In der Ferne ist leises Murmeln zu hören, eine Beerdigung geht gerade zu Ende. Die kleine Trauergesellschaft legt einen Kranz aus Rosen nieder und wendet sich dem Ausgang des Ruhewalds bei Nordstetten zu. Die Familie kommt aus dem Balinger Raum, der Horber Ruhewald hat sie vom Konzept her überzeugt, daher haben sie sich für ihn entschieden.

Doch es gibt immer wieder andere Stimmen, die die Richtlinien des Horber Naturfriedhofs infrage stellen – und für Unruhe sorgen. Das schnelle Abräumen von Grabschmuck, obwohl dieser den Richtlinien entsprechen würde, geriet in die Kritik, genauso wie die mangelnde Kommunikationspolitik der Verwaltung. Was die Stadt Horb aber dementiert. Sie wird dabei von Angehörigen unterstützt, die die geltenden Regelungen im Ruhewald genau für richtig halten (wir berichteten mehrfach).

Falsche Angaben im Flyer

Der unruhige Ruhewald war jüngst auch Thema im Horber Gemeinderat. BiM-Fraktionssprecherin Christina Nuss hatte es angeschnitten: „Es bestehen Unklarheiten und Unmut: Nicht nur beim Grabschmuck, sondern auch beim Abstand und den Trampelpfaden“, sagte sie. Oberbürgermeister Peter Rosenberger verlor daraufhin etwas die Contenance. Es handle sich bei den Kritikern um eine Ausnahme, die aber recht lautstark auftreten würden. Die Stadt gibt zu, dass zu Anfang – der Ruhewald wurde 2016 eingeweiht – widersprüchliche Angaben in einem Flyer gemacht wurden, was als Grabschmuck gilt und was nicht. In der Satzung, die der Gemeinderat beschlossen hatte, standen anderen Vorgaben. Vor eineinhalb Jahren wurde dieser ersetzt. Die Stadt habe auch die Angehörigen persönlich angeschrieben. „Der Stadt ist sehr wohl bewusst, dass hier ein Fehler passiert ist, was auch sehr offen kommuniziert wird“, gibt Stadtsprecherin Inge Weber zu. „Allerdings kann nicht die Rede davon sein, dass es jetzt noch Unklarheiten hinsichtlich der Regelungen zum Grabschmuck gibt. Diese werden lediglich nicht akzeptiert“, teilt Weber weiter mit.

Zu den vehementesten Kritikern der städtischen Vorgehensweise gehört Sven von Hacht. Gegenüber der SÜDWEST PRESSE wirft er der Stadt vor, dass das Grab seines Vaters drei Mal in der Woche abgeräumt werden würde: „Die gehen radikal durch“, behauptet er. Dabei würde keiner im Ruhewald gehen die Regelungen verstoßen.

Doch was entgegnet die Stadt auf die Vorwürfe von Hachts? „Leider ist die Grabstelle von Herrn von Hacht tatsächlich regelmäßig mit unzulässigem Grabschmuck versehen. Und dieser wird von den Mitarbeitern auch abgeräumt. Allein schon die Aussage von Herrn von Hacht, dass dreimal die Woche etwas abgeräumt wurde, zeigt, dass er nicht im Geringsten gewillt ist, sich an die Regelungen im Ruhewald zu halten, oder allein schon mit der Stadt hierüber ins Gespräch zu kommen. Im Gegenteil, obwohl er genau weiß, dass Grabschmuck nicht zulässig ist, schmückt er immer wieder die Grabstelle in dem Wissen, dass der Blumenschmuck von den Mitarbeitern der Stadt wieder abgeräumt werden muss“, antwortet Stadtsprecherin Inge Weber auf unsere Anfrage hin. Im Regelfall würden die städtischen Mitarbeiter ein bis zwei Mal im Monat die Grabstellen kontrollieren und unerlaubten Grabschmuck entfernen. Ausnahmen gelten bei neuen Bestattungen. Da darf der Grabschmuck zehn Tage liegen bleiben.

Androhungen von Bußgeldern

Bei Zuwiderhandlungen kann die Stadt auch Bußgelder androhen. Dieses Instrument habe die Stadt aber bisher nur zwei Mal benutzt, so die Aussage der Stadtsprecherin. In einem Fall ging es um das Anfüttern von Wildschweinen, das eine Bußgeldandrohung über 5000 Euro wegen Verstoßes gegen das Wildtierfütterungsverbot nach sich zog. Laut der Stadt habe eine Angehörige in größeren Mengen Erdnüsse und Vogelfutter auf dem Waldboden verstreut, um Tiere anzulocken. „Der Verstorbene soll sehr tierlieb gewesen sein und die Angehörige hat sich gedacht, es würde ihm sicher gefallen, wenn sich an seiner Grabstelle Vögel und Eichhörnchen versammeln würden. Leider wurden dadurch aber auch Wildschweine angelockt, die immer größere Schäden verursacht haben, auch an Grabstellen“, schreibt Weber. Die Stadt habe daher reagieren müssen und werde auch in Zukunft das Wildfütterungsverbot konsequent durchsetzen. Die zweite Bußgeldandrohung richtete sich gegen von Hacht, der wiederholt und anhaltend gegen die Regelungen zum Grabschmuck verstoßen habe, so Weber.

Die Stadt sei auf jeden Fall zu Gesprächen bereit: Die Verbesserung der Kommunikation sei immer ein Anliegen, gerade in einem so sensiblen Bereich. „Allein in diesem Fall ist jedoch festzustellen, dass die betroffenen Personen der Stadt solange mangelnde Kommunikation vorwerfen werden, solange sie nicht das bekommen, was sie wollen“, schreibt Weber. Das bisherige Verhalten lasse leider darauf schließen. Die Stadtverwaltung stehe dennoch von Montags bis freitags für Gespräche zur Verfügung.

Die Stadt sieht sich von Bürgern in ihrer Vorgehensweise bestätigt. „Sowohl telefonisch als auch per Brief haben sich bei der Stadt etwa 20 Angehörige gemeldet, die sich teilweise belästigt und vor allem in ihrer Trauerbewältigung sehr gestört fühlen“, schreibt Weber im Namen der Stadt. OB Rosenberger wünscht sich vor allem eins: „Wir wollen, dass wieder Ruhe in den Ruhewald einkehrt.“

Wie sind die Regelungen zum Grabschmuck?

Die Regelungen zum Grabschmuck sind eindeutig in der Friedhofssatzung für den Ruhewald geregelt und so vom Gemeinderat beschlossen worden. Der naturbelassene Ruhewald darf in seinem Erscheinungsbild nicht gestört oder verändert werden. Im Wald und auf dem Waldboden dürfen keine künstlichen Veränderungen vorgenommen werden. Insbesondere ist es nicht gestattet:

a) Grabmale, Gedenksteine oder Baulichkeiten zu errichten,

b) Kränze, Grabschmuck oder Erinnerungsstücke niederzulegen,

c) Nach der Beisetzung können Blumen an der Grabstätte niedergelegt werden. Die Blumen werden 10 Tage nach der Beisetzung durch die Stadt abgeräumt, um das Grab der Natur zu überlassen. Blumenschmuck, nach diesem Zeitraum ist nicht gestattet, die Niederlegung von Blumen an dem zentralen Verabschiedungsplatz steht aber jederzeit frei.

d) Kerzen oder Lampen aufzustellen,

e) Anpflanzungen vorzunehmen.

Kann es dabei auch vorkommen, dass ein Besucher des Ruhewalds auf einem Grab steht?

Die belegten Gräber sind mittels einer Plakette am Baum gekennzeichnet. Aber es ist dennoch Wald, dann kann es durchaus vorkommen, dass man auch auf einer Grabstelle steht. Die zwölf Grabstellen pro Baum sind am Waldboden nicht gekennzeichnet, sondern in einem Kreis mit einem Radius von etwa 2,50 Metern um den Baum herum angeordnet. Diese Art der Bestattung zeichnet gerade aus, dass es keine besondere Erkennbarkeit als Grabstelle am Boden gibt.

Wie oft wird kontrolliert, ob der Grabschmuck den Regelungen entspricht?

Die städtischen Mitarbeiter sind laut Stadtverwaltung im Durchschnitt etwa ein bis zwei Mal im Monat vor Ort. Das ist auch abhängig davon, wie viele Bestattungen anstehen. Wenn den Mitarbeitern dabei unerlaubter Grabschmuck auffällt, räumen sie diesen selbstverständlich weg, so wie es die Satzung auch vorsieht. Zulässig gemäß der Satzung ist in den ersten zehn Tagen nach einer Bestattung das Niederlegen von einzelnen Blumen. Diese werden während dieser Frist nicht abgeräumt.

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Erstellt:
14.05.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 29sec
zuletzt aktualisiert: 14.05.2020, 01:00 Uhr

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