Tatort

Auf der Schattenseite der Metropole

Das österreichische Ermittlerduo Fellner und Eisner ermittelt im neuen Wiener „Tatort“ im Obdachlosenmilieu. Ein sorgfältig konstruierter und mit atmosphärischen Bildern ausgestatteter Krimi.

18.12.2020

Von Martin Weber

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) in einer Szene im neuen Wiener „Tatort  Unten“. Foto: Philipp Brozsek/ARD Degeto/ORF/Superfilm/dpa

Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) in einer Szene im neuen Wiener „Tatort Unten“. Foto: Philipp Brozsek/ARD Degeto/ORF/Superfilm/dpa

Bibi Fellner ist immer für eine Überraschung gut. Im neuen „Tatort“ aus Wien etwa ist der tote Obdachlose, der in einer verlassenen Fabrikhalle gefunden wird, kein Unbekannter für die von Adele Neuhauser gespielte Kommissarin. Sie empfand, wie ihr verblüffter Kollege Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) nach und nach erfährt, für den Ex-Journalisten auch mehr als Sympathie und sprach sogar kurz vor seinem Tod noch mit ihm.

Wie ein verstockter Zeuge rückt Bibi scheibchenweise mit der Wahrheit heraus, was den grantigen Eisner gleich noch ein bisschen grantiger werden lässt. Doch wenn es darauf ankommt, das haben die beiden Wiener Ermittler immer wieder bewiesen, dann ziehen sie an einem Strang, und das tun sie auch im Krimi „Tatort: Unten“ (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD), der den Zuschauer in die trostlose Welt der Obdachlosen und Gescheiterten der österreichischen Metropole mitnimmt.

Der sorgfältig konstruierte und vom Regisseur Daniel Prochaska mit atmosphärischen Bildern von den Schattenseiten der Wohlstandsgesellschaft ausgestattete Film fängt langsam an und baut immer mehr Spannung auf. Die verblüffende Lösung des Falls ist zwar etwas effekthascherisch und das mit nerviger Musik untermalte Finale überkandidelt, aber im Ganzen ist der atmosphärische Krimi gelungen.

Es ist keine schöne Welt, in der die Kommissare den Mörder des obdachlosen Ex-Journalisten Aigner suchen: Die beiden tauchen tief ein in ein von Armut und Verzweiflung geprägtes Milieu abseits der Sehenswürdigkeiten von Wien. Der Krimi spielt in verlassenen Fabriken, heruntergekommenen Kneipen und Einrichtungen wie der „Notschlafstelle“, in der die Stadt das Elend verwaltet.

Die beiden jungen Stadtstreicher Tina Kranzinger (Maya Unger) und Jonathan Lechner (Michael Steinocher), mit denen sich Aigner den Schlafplatz teilte, bringen die Ermittler nicht weiter, und auch die Ex-Frau des Toten weiß nur zu berichten, dass ihr früherer Mann nach Jobverlust und Trennung immer tiefer abrutschte. Als jedoch herauskommt, dass Tina Kranzinger die Begünstigte von Aigners Lebensversicherung ist und der Tote offenbar mit Drogen zu tun hatte, erhalten die Ermittlungen neue Impulse.

Hat Gregor Aigner mit Crystal Meth gedealt oder aber recherchierte der frühere Starreporter einer Wiener Tageszeitung im Drogenmilieu? Als es einen zweiten Toten gibt, hängen sich Fellner und Eisner voll in den Fall rein und kommen dank eines entscheidenden Hinweises der nur scheinbar verwirrten Landstreicherin Sackerl-Grete (Inge Maux) einer ungeheuren Sauerei auf die Spur. Parallel zur Mörderjagd des Ermittlerduos erzählt der intensive Krimi die Geschichte einer obdachlosen jungen Mutter und ihres kleinen Sohnes, für die eine städtische Einrichtung namens „Lebensraum“ zur letzten Anlaufstelle wird, nachdem sie ihre Wohnung verloren haben.

Auf der Schattenseite der Metropole

Zum Artikel

Erstellt:
18.12.2020, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 19sec
zuletzt aktualisiert: 18.12.2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.