Sport und Gesundheit

Aufstehen ist die größte Hürde

Fitnessstudios verzeichnen zu Jahresbeginn die meisten Neueintritte, doch geben viele schnell wieder auf. Horber Trainer geben Tipps, wie man am Ball bleibt.

18.01.2019

Von Philipp Koebnik

Man sollte immer auf die richtige Haltung achten, wie dieser Sportler im MC Shape. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Man sollte immer auf die richtige Haltung achten, wie dieser Sportler im MC Shape. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Vor zwei Jahren knackten die Fitnessstudios die Zehn-Millionen-Marke: So viele Menschen sind in Deutschland als Mitglieder angemeldet. Inzwischen dürften es noch mehr sein – die Zahl steigt seit Jahren. Im Januar verzeichnen die Studios vielerorts die meisten Neueintritte. Die sommerliche Strandfigur im Blick, wollen nicht wenige Leute Fett ab- oder Muskeln aufbauen. Nach der Weihnachts-Schlemmerei und voller guter Vorsätze für das neue Jahr wagen viele Menschen den Schritt, sich in einem der wie Pilze aus dem Boden schießenden Studios anzumelden. Jedoch verlässt die Motivation laut Umfragen viele bald wieder (siehe Infobox).

„Man spürt ganz klar: Viele nehmen sich vor, im neuen Jahr sportlich aktiver zu sein“, sagt Robin Linsbauer, Trainer bei Muscle Club Shape Horb. Fitnessstudios seien oft die erste Anlaufstelle, weiß der 24-Jährige. Auch Leute, die nach einer längeren Pause wieder einsteigen wollen, kämen oft im Januar. „Wir sind komplett ausgelastet, wie erwartet“, so Linsbauer. Der Januar sei immer der stärkste Monat, was den Mitgliederzuwachs angeht.

Fitnessstudios haben generell hohe Inaktivenquoten, weiß der Trainer. In den ersten Wochen sei man deshalb „eng an den Leuten dran“, um sie gewissermaßen bei Laune zu halten und das Ganze möglichst schnell zur Gewohnheit werden zu lassen. Der Muscle Club Shape Horb biete für die ersten zwei, drei Trainings eine enge Betreuung mit persönlichem Trainer an. „Leute mit wenig Erfahrung kriegen von uns alles beigebracht“, sagt Linsbauer. Dabei stehe die persönliche Ebene im Mittelpunkt – es gehe nicht nur darum, zu zeigen, wo welche Geräte stehen. Wichtig sei es, „Routine reinzubekommen und eine Verbindung aufzubauen“. Freilich stößt auch die persönliche Betreuung an Grenzen: „Wir können die Leute ja nicht von zu Hause ins Studio fahren“, sagt Linsbauer und lacht. Wer etwas ändern will und sich einmal darauf einlässt, habe indes die größte Hürde bereits gemeistert, ist der Trainer überzeugt: „Aufzustehen und einmal hinzugehen erfordert die größte Motivation.“

Ob sie bestätigen kann, dass sich im Januar besonders viele Leute anmelden? „Ja, auf jeden Fall“, sagt Nicole Jüttner, Inhaberin von Mrs. Sporty Club, wo sie auch als Trainerin arbeitet. In der zweiten Januarwoche gehe es richtig los. Auch beim Tag der offenen Tür vor einer Woche war „sehr viel los“, berichtet die 27-Jährige. Viele Probetrainings wurden demnach vereinbart. Das Frauen-Studio kümmert sich um seine Kundinnen. Wenn eine der Frauen länger als zwei Wochen nicht da war, rufen die Mitarbeiterinnen an und „versuchen, sie wieder zurück ins Training zu holen“.

Um am Ball zu bleiben, rät Jüttner, „sich ein klares Ziel zu setzen“. Außerdem solle man sich „Meilensteine“ vornehmen, die man nach und nach erreicht. Manche Frauen würden ihre Trainingszeiten in den Terminkalender eintragen – das vermittelt eine höhere Verbindlichkeit. Auch Abwechslung bei den Übungen helfe dabei, motiviert zu bleiben. Gerade Anfänger sollten sich nicht übernehmen. Lieber zunächst zweimal pro Woche trainieren – statt vier oder fünf Mal. Besonders die „Übermotivierten“ gäben schnell auf, weil sie sich bald überlastet und gestresst fühlen, weiß die Trainerin. Gerade derjenige, der jedesmal den ganzen Körper trainiert, sollte sich zwischendurch mindestens einen Tag Pause gönnen, „um danach wieder richtig durchstarten zu können“. Denn die Muskeln brauchen Pausen zum Wachsen und um leistungsfähiger zu werden.

Erfahrungsgemäß sei die Motivation, wiederzukommen, im Januar größer, weiß Reiner Häsler, Geschäftsführer des Häsler Vital Centers in Horb. „Jetzt kommen viele Kunden aus der Versenkung.“ Allerdings sei es „dieses Jahr nicht so heftig wie sonst“. Derzeit läuft noch eine Gutschein-Aktion. Die Werbung appelliert an den Geist der guten Vorsätze zum Jahresbeginn: „Egal, was du dir 2019 vorgenommen hast – Wir sind dein Partner für Fitness und Gesundheit!“ Deutlich aggressiver wirbt seit ein paar Wochen freilich die europaweit tätige Fitnesskette McFit für ihre speziellen Angebote zum Jahresbeginn – Motto und Hashtag: „Stolz auf mich“. Häsler zufolge haben bei ihm im Zuge der Aktion bislang 40 bis 50 Leute hineingeschnuppert. Nun sei es „spannend, wie viele hängen bleiben“, sagt der 57-Jährige.

Das Häsler Vital Center feierte 2018 sein 30-jähriges Bestehen. Seit Beginn der 1990er Jahre habe sich die Branche merklich gewandelt. Kamen früher fast nur Jüngere, die vor allem Muskelmasse aufbauen wollten, seien die Studios heute für alle Altersgruppen attraktiv. Und gerade den etwas Älteren geht es auch um ihre Gesundheit und einfach darum, fit zu bleiben. So liege das Durchschnittsalter seiner Kunden bei 47, 48 Jahren; der jüngste sei 14, der älteste 92, berichtet Häsler.

Was man tun könne, um die Motivation aufrecht zu erhalten? „Es muss Spaß machen“, sagt Häsler. Sein Team versuche deshalb, die Kunden mit allerlei Kursangeboten, etwa mit Yoga und Übungen speziell für den Rücken, zu „bespaßen“. Die Mitarbeiter erklären, warum es sinnvoll ist, bestimmte Übungen zu machen – nicht zuletzt, um Fehlhaltungen entgegenzuwirken. Wichtig sei es mithin, mit den Trainern zu reden und verschiedene Dinge auszuprobieren – damit die guten Vorsätze fürs neue Jahr nicht schon im Februar wieder aufgegeben werden.

Mehr als Pumpen: Auch für die Ausdauer lässt sich im Studio etwas tun.

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Ältere und Singles sind besonders motiviert

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der DAK-Krankenkasse hat jüngst ergeben, dass in Baden-Württemberg von 1000 Befragten 58 Prozent sagten, das neue Jahr solle mehr Sport und Bewegung bringen. Darüber freuen dürften sich vor allem die Fitnessstudios. Denn Studien besagen, dass sich im Januar überproportional viele Leute dort anmelden. Das Marktforschungsinstitut Innofact fand heraus, dass 42 Prozent der rund 1000 befragten Mitglieder sich laut eigener Aussage im Januar angemeldet hatten und schon im März keineMotivation mehr hatten. Davon wiederum verließ Menschen in einer Beziehung (46 Prozent) schneller das Durchhaltevermögen als Singles (37 Prozent). Besonders motiviert sind die 60- bis 69-Jährigen. Von ihnen setzte nur ein gutes Viertel den Vorsatz nach der Anmeldung nicht um.

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18.01.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 00sec
zuletzt aktualisiert: 18.01.2019, 01:00 Uhr

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