Medizin

Aus Ungarn nach Horb

Doktor Roland Marada übernimmt ab 10. Oktober die Hausarzt-Praxis von Volker Kühne in der Horber Schillerstraße. Damit endet eine fast fünfjährige Suche.

06.10.2016

Von Fabian Schäfer

Nach fünfjähriger Suche hat Doktor Volker Kühne (rechts) mit Roland Marada einen Nachfolger für seine Horber Praxis gefunden. Bild: fbs

Nach fünfjähriger Suche hat Doktor Volker Kühne (rechts) mit Roland Marada einen Nachfolger für seine Horber Praxis gefunden. Bild: fbs

Im schicken Sakko, mit gestreiftem Hemd und blauem Einstecktuch steht Roland Marada in der Praxis von Volker Kühne, seinem zukünftigen Arbeitsplatz. Höflich und motiviert wirkt der ungarische Allgemeinarzt und vielleicht eine Spur nervös. Sobald der 38-Jährige jedoch von seiner Arbeit berichtet, zeigt sich der langjährige Notarzt äußerst souverän und kompetent, aber auch zu Späßen aufgelegt. Woher denn sein so gar nicht ungarisch klingender Nachname stammt? „Ich habe keine Ahnung. Das ist ein völlig untypischer Name in Ungarn“, sagt Roland Marada lachend.

Vor etwa zwei Jahren kam der 38-Jährige mit seiner Frau und seiner siebenjährigen Tochter nach Deutschland. Zuvor arbeitete er zehn Jahre lang als Hausarzt, hatte eine eigene Praxis in Ungarn. 2014 zog es den Allgemeinmediziner nach Sachsen-Anhalt, genauer gesagt nach Jessen im Landkreis Wittenberg. Dort arbeitete Marada zunächst als Angestellter in einer Hausarztpraxis, später dann als Betriebsarzt. „Meine Patienten waren sehr nett, ich habe dort gerne gearbeitet“, erzählt Roland Marada. Von einer etwaigen „rechten Stimmung“, wie man sie aktuell in Ostdeutschland wieder beobachten kann, habe er nichts bemerkt. „Ich habe nur dort gearbeitet, mir war egal, wie die politische Situation dort aussah“, erzählt der Familienvater, dem es in Horb sehr gefällt. „Es war schon immer mein Traum, in der Nähe von Bergen zu wohnen und dort zu arbeiten“, sagt Marada, der in den vergangenen Tagen auch schon erste Kontakte in der Neckarstadt geknüpft hat. „Ich habe einige Zeit in der Praxis verbracht und ein paar Leute kennengelernt. Sie waren mir alle sehr sympathisch“, berichtet der Allgemeinmediziner. Kühne lobt seinen Nachfolger für dessen Courage: „Es gehört Mut dazu, seine Heimat zu verlassen.“

Zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls Ärztin ist, lebt Marada mittlerweile in Aidlingen, etwa 30 Autominuten von Horb entfernt. Auf die Kühne-Praxis ist der 38-Jährige durch eine Anzeige in einer medizinischen Fachzeitschrift gestoßen. „Seitdem bauen wir das hier gemeinsam auf“, erzählt Volker Kühne, der seit beinahe 30 Jahren Hausarzt in Horb ist. Der angehende Rentner will Marada noch einige Monate als „Assistent“ unterstützen, bis dieser „Fuß gefasst“ habe. Für die Patienten ändert sich in dieser Zeit so gut wie nichts, die Wartezeiten könnten sogar verkürzt werden. Und auch für den „Neuen“ ändert sich in seinem Alltag nicht viel. „Die Arbeit ist nicht anders, das Leben ein bisschen. Und die Organisation läuft hier auf eine andere Art“, stellt Marada fest. Hausärzte hätten hierzulande mehr Freiheiten als in Ungarn, durch mehr Labor- und Untersuchungs-Möglichkeiten. „Ich kann dadurch eine bessere Behandlung bieten“, erklärt der 38-Jährige.

Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger beschäftigte Kühne fünf ganze Jahre lang. Nun ist der Ruheständler in spe sehr froh, einen netten und erfahrenen „Erben“ gefunden zu haben. „Man will sein Lebenswerk ja dann auch nicht einfach schließen“, erklärt der ursprünglich aus Bremen stammende Mediziner. Es sei jedoch eine schwierige Angelegenheit, in Rente zu gehen. „Das kann man nicht einfach so wegstecken“, sagt Kühne. Seine Patienten hätten die Sorge gehabt, dass er keinen ihnen genehmen Nachfolger finde. „Nun sind sie alle froh, dass es weitergeht“, erklärt der Horber, der seinen Patienten einen „angemessenen Übergang“ bieten will.

Seinen ersten Arbeitstag hat Roland Marada am kommenden Montag, 10. Oktober – im Übrigen mit einem neuen Praxisteam.