Volleyball-Bundesliga

Aus der Hand gegeben

Schon Matchball zum 3:1 hat der TV Rottenburg bei der Heimpremiere vor 2000 Zuschauern – und verlor noch mit 2:3 (25:18, 23:25, 25:22, 26:28, 12:15) gegen Herrsching.

31.10.2016

Von Tobias Zug

Es läuft der vierte Satz. Soeben hat Ferenc Németh mit einem Lob das 21:18 für den TV Rottenburg gemacht. Alle 2000 Zuschauer stehen, bis auf die fünf Herrschinger Fans steht, johlt und klatscht alles in der Paul-Horn-Halle. TVR-Zuspieler Federico Cipollone gibt seinem Mitspieler Moritz Karlitzek sogar ein Küsschen auf die Wange, bevor der aufschlägt. Aber das war noch nicht mal der Höhepunkt der Rottenburger Euphorie: Kurz danach führte der TVR nach einem langen Ballwechsel mit 24:23, Németh schlug zum Matchball auf. Sein Service landete aber weit im Aus. Und Herrsching schnappte sich sogar noch den Satz, glich mit 28:26 aus zum 2:2.

Später wollte sich der Ungar „bei allen entschuldigen, dass ich den Matchball ins Aus geschlagen habe“. Für die Rottenburger war dieser verlorene Satz wie wenn einer das Licht ausgeknipst hätte. Oder den Saft abgedreht. Im Tie-Break fehlte jedenfalls die letzte Kraft und Konzentration, um wenigstens zwei Punkte aus einem Spiel zu holen, in dem nur ein Spielpünktchen zu einem Dreier fehlte. Nach 7:11 kämpfte der TVR sich wieder zurück auf 10:12. Aber der starke Libero Patrick Steuerwald und ein aufblühender TVR-Rückkehrer Tom Strohbach sorgten letztlich für den Herrschinger Sieg. „Ich kann nicht traurig sein“, sagte Rottenburgs Trainer Hans Peter Müller-Angstenberger, „weil wir das Spiel über weite Strecken in der Hand gehabt haben, wir haben wenig dumme Fehler gemacht.“ In der Tat: Nach einer Auszeit beim Stand von 17:16 im ersten Satz spielte der TVR so stark wie schon ewig nicht. Der Block um Felix Isaak oder Friederich Nagel zeigte sich laufstark und hochkonzentriert; als Strohbach von Nagel geblockt wurde, hüpfte Müller-Angstenberger verzückt an der Seite. Isaak lief später gedankenschnell in die Gegenrichtung und blockte zum 22:18. Auch das Aufschlagsspiel der Rottenburger war gut: Besonders Felix Isaak schlug immer gezielt auf Strohbach auf, so versuchten sie ihn etwas aus dem Spiel zu nehmen – was dem TVR bis auf die Schlussphase auch gut gelang.

Erstes TVR-Spiel von Németh

Im zweiten Satz lag Rottenburg fast immer hinten, blieb aber immer dran. Zuspieler Cipollone punktete zum 23:23. Doch Nagels Aufschlag landete im Netz. Und ein Annahmefehler von Libero Johannes Elsäßer sorgte für Herrschings 25:23-Sieg – zuvor hatte der TVR-Libero sogar einen Punkt gemacht zum 9:11, als seine Annahme unverhofft im Herrschinger Feld einschlug. Müller-Angstenberger blieb zur Zehn-Minuten-Pause diesmal draußen, sinnierte fünf Minuten vor seinem Laptop und diskutierte mit seinen Co-Trainern. Und entschied sich, einen Wechsel vorzunehmen: Der lange verletzte Németh kam in der Diagonalen für Sven Metzger – das erste Saisonspiel für den mit 2,03 Metern größten Rottenburger. Németh spielte stark, kam mit Wucht aus dem Rückraum, war mitentscheidend, dass der TVR den dritten Satz mit 25:22 gewann.

„Ich war mir gar nicht sicher, dass ich spiele, da ich noch nicht ganz fit bin“, sagte Németh, „aber es war toll und hat mir sehr gefallen, dass so viele Zuschauer kamen. Das hat uns sehr geholfen, wie sie uns unterstützt haben.“ Jeder TVR-Spieler kitzelte so ein paar Prozentpunkte mehr raus aus seinem Leistungsvermögen. Nur: Es reichte halt nicht zu mehr als einem Punkt. „Da drüben stehen drei deutsche Nationalspieler, die sind viel erfahrener als wir“, erläuterte Müller-Angstenberger. Und konstatierte, dass der angeschlagene Németh und Cipollone „am Ende Körner gelassen haben, die Kraft fehlte“. Ob er dann nicht hätte wechseln sollen? Müller-Angstenberger überlegte. „Vielleicht“, sagte er, „aber andererseits lief ja insgesamt alles gut.“

Zwei gegen eins: Die Herrschinger Tom Strohbach und Roy Friedrich versuchen Ferenc Németh zu blocken. Bilder: Ulmer

Zwei gegen eins: Die Herrschinger Tom Strohbach und Roy Friedrich versuchen Ferenc Németh zu blocken. Bilder: Ulmer