Ordnungsdienst soll auch künftig länger unterwegs sein

Ausweitung der Einsatzzeit bis 2 Uhr nachts im Sommer könnte eine Dauerlösung werden

Das Reutlinger Ordnungsamt will die im Sommer 2015 verlängerten nächtlichen Einsatzzeiten des Kommunalen Ordnungsdienstes als Dauerlösung etablieren. Das Tübinger Modell lehnt die Stadt aber ab.

21.04.2016

Von Thomas de Marco

Reutlingen. Vergangenen Sommer wurden die Einsatzzeiten des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) der Stadt freitags und samstags probeweise um eine Nachtstunde bis 2 Uhr ausgeweitet. Dafür waren drei Schichten des KOD notwendig. Diese zunächst befristete Maßnahme soll beibehalten werden. „Wir sprechen gerade darüber, das als Dauerlösung zu etablieren“, sagte Ordnungsamtsleiter Albert Keppler, als er am Dienstag im Finanzausschuss des Gemeinderats den Tätigkeitsbericht des Kommunalen Ordnungsdienstes und des Gemeindlichen Vollzugsdienstes (GVD) vorstellte.

Allerdings lehnt die Stadt Reutlingen das Tübinger Modell ab, bei dem sich der KOD ausschließlich auf Einsätze in der Nacht konzentriert – an Wochenenden mitunter sogar bis 5 Uhr früh. „Wir wollen die gesamte Woche über auch tagsüber präsent sein, um in diesen Zeiten etwa Betteleien oder Verschmutzungen im Blick zu haben“, beantwortete Keppler die Frage des WiR-Stadtrats Sven Fischer. Der hatte wissen wollen, wieso der KOD auch an eher ruhigen Montagen und Dienstagen unterwegs sei.

Eine mögliche Beibehaltung der KOD-Einsatzzeiten bis 2 Uhr nachts sieht Uwe Drescher, der in Reutlingen den Kommunalen Ordnungsdienst und den Gemeindlichen Vollzugsdienst leitet, mit Skepsis. „Bis 1 Uhr nachts haben wir gute Erfahrungen gemacht, das würde aus meiner Sicht auch reichen. Denn danach wird es kritischer: Das nächtliche Publikum wechselt um diese Zeit und wird aggressiver.“ Aus Fürsorge für sein Personal sage er deshalb: „Wir sind dafür die Falschen.“

So sei dieser nächtliche Job für den KOD, der mittlerweile zwar mit einer 2,5 Kilogramm stichsicheren Schutzweste ausgestattet ist, aber lediglich ein Abwehrtraining absolviert hat, zu gefährlich. Außerdem seien diese Einsatzzeiten von der zeitlichen Belastung her für den KOD problematisch, erklärt Drescher. Auch Keppler räumt ein, dass der KOD im Vergleich mit der Polizei nur als eine „leichte Kavallerie“ zu sehen sei.

Mit Beamten in Zivil, die am Busbahnhof für Ordnung sorgen sollen, hat sein Amt im Übrigen schlechte Erfahrungen gemacht: „Die Leute riechen einfach, dass diese Männer nicht auf den Bus warten“, gibt Ordnungsamtsleiter Keppler zu.

Knapp 2,5 Millionen Euro an Buß- und Verwarngeldern eingenommen

Im Vollzugsdienst der Stadt Reutlingen arbeiten 23 Mitarbeiter auf 21 Stellen. Der Gemeindliche Vollzugsdienst (GVD) mit Schwerpunkt Überwachung des ruhenden Verkehrs hat 2015 über 72 000 Ordnungswidrigkeiten angezeigt, die über 1,05 Millionen Euro an Buß- und Verwarngelder eingebracht haben. „Dieser Dienst trägt sich selbst“, sagte Ordnungsamtsleiter Albert Keppler am Dienstag im Finanzausschuss des Gemeinderats. Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD), überwiegend in Doppelstreifen unterwegs, erstattete 1170 Anzeigen (28 300 Euro Buß- und Verwarnsgelder). Diese niedrigere Zahl liege am deutlich höheren Ermittlungsaufwand für den KOD. Durch Kontrollen des fließenden Verkehrs hat die Bußgeldstelle durch Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachung 54 200 Ordnungswidrigkeiten mit Buß- und Verwarnungsgeldern von 1,37 Millionen Euro geahndet. Von den 459 konzessionierten Gaststätten in Reutlingen machten mehr als 90 Prozent keinerlei Schwierigkeiten, berichtete Keppler. Die Probleme konzentrierten sich auf etwa 20 bis 30 Betriebe, die ein „eigenartiges Geschäftsgebaren“ aufwiesen. Flächendeckende Gaststättenkontrollen etwa zur Bekämpfung von Sperrzeitverletzungen oder Lärm seien deshalb Ressourcenverschwendung, so der Ordnungsamtsleiter.