Das „Citzen Kane“-Vorleben von Howard Hughes:„Quarantäne“ statt „Rosebud“.

Aviator

Das „Citzen Kane“-Vorleben von Howard Hughes:„Quarantäne“ statt „Rosebud“.

24.11.2015

Von Ulla Steuernagel

Aviator

Diesem Kino kann man einfach nicht widerstehen: Schöne Flugzeuge, schöne Partys, schöne Männer, schöne Frauen, eine Welt der glänzenden Oberflächen, die Regisseur Martin Scorsese glänzend in Szene setzt. Ein Film, der die glamourösen Zeiten Hollywoods beschwört ? zunächst mit einem so hohen Menschenaufkommen wie zu den seligen Sandalen-Filmzeiten. Eine amerikanische Heldengeschichte von dem Mann, dessen dunkles Ende man aus „Citizen Kane? kennt: Howard Hughes, ein Besessener, einer der mit Millionen jongliert, einer, der den Himmel oder jedenfalls die Wolken bewegen kann, ein halsbrecherischer Testpilot, der angesichts eines Fussels auf einem Revers die Kontrolle über sich verliert.

„Aviator? ist kein Film der großen Geheimnisse, anders als bei Orson Welles wird hier die Persönlichkeit von Hughes genau ausgelotet. Scorsese zeigt diese legendäre Figur ? zwar nicht besonders überraschend, aber sehr routiniert ? mit allen ihren Abgründen: Ein Zwangscharakter, der früh die Angst vor Ansteckung lernte und als Gegenmittel „Quarantäne? buchstabiert. Leonardo DiCaprio bringt diesen Sauberkeits-Wahnsinnigen, der sich nicht überwinden kann, den Knauf der Klotür anzufassen und seine eigene Seife im Silberetui mit sich führt, sehr überzeugend. Im Verbund mit Hughes zeitweiliger Lebensgefährtin Katherine Hepburn scheint die Exzentrik vollkommen. Doch längst zeichnet sich am Horizont die Bauchlandung ab.

Cate Blanchetts „Kate? erscheint zunächst noch wie eine Karikatur, doch bald verschwimmt sie auf großartige Weise mit der echten, jedenfalls mit der, die man aus dem Kino kennt.

Mit dokumentarischer Untertitel-Strenge und mit viel Traumfabrik-Maßanfertigung arbeitet sich Scorsese durch das Leben des Mannes, dessen größenwahnsinniges, filmisches Werk ihm allerhöchsten Respekt abnötigt (Blaue Brücke 2, ab 12, 170 Minuten).