Bürgerdialog

Bald wird die Innenstadt umgekrempelt

Durch das Sanierungsgebiet „Fruchtkasten / Innenstadt“ stehen 1,4 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung – das bietet Chancen für Hauseigentümer. Ein Blick ins Jahr 2025.

20.01.2017

Von Benjamin Breitmaier

Hanna Denecke ist Projektleiterin der „Wüstenrot Haus- und Städtebau Gesellschaft“, die für die vorbereitenden Planungen des Sanierungsgebiets „Fruchtkasten / Innenstadt“ verantwortlich ist. Durch einen interaktiven Teil sammelte sie am Mittwochabend Bürgerideen. Bild: Breitmaier

Hanna Denecke ist Projektleiterin der „Wüstenrot Haus- und Städtebau Gesellschaft“, die für die vorbereitenden Planungen des Sanierungsgebiets „Fruchtkasten / Innenstadt“ verantwortlich ist. Durch einen interaktiven Teil sammelte sie am Mittwochabend Bürgerideen. Bild: Breitmaier

Die Häuser rund um den Fruchtkasten sind schon lange abgerissen. Menschen stehen am Ufer des Kanals und füttern trotz digitaler Verbotsschilder einen der 18 Schwäne, die sich hier schon seit den frühen 10er-Jahren niedergelassen haben. Auf der schmucken Bank sitzt eine ältere Dame. Sie schaut auf die Treppen zum Wasser hin und erinnert sich. „Damals durften wir bei der Vorstellung des Sanierungsgebiets noch Zettelchen kleben, was uns wo gefällt, und was wir kritisch sehen. Das war 2017. Schön zu sehen, was jetzt daraus geworden ist.“

2025 war ein gutes Jahr für die Neckarstadt. Nicht nur, weil die Brücke eingeweiht wurde – das Jahrhundert-Projekt. Mit dem Abschluss des Sanierungsgebiets „Fruchtkasten/Innenstadt“ hat sich das Antlitz des Herzen Horbs grundlegend verändert. Durch die Fördermittel von Land und Bund konnten zahlreiche Projekte aus dem Ideenwettbewerb, der 2013 zu Ende ging, umgesetzt werden. Insgesamt 1,4 Millionen Euro, mit der Möglichkeit zum Aufstocken. Die Stadt selbst hat damals schon 4,5 Millionen Euro an Haushaltsmitteln eingeplant.

Dass alles weitaus mehr Geld gekostet hat, interessiert die Horber im Jahr 2025 eigentlich nicht mehr. Zu schön ist der Platz mit Brunnen rund um den Fruchtkasten geworden, oder der kleine Steg neben der Christophorusbrücke. Über den kann man die alten Neckar-Arkaden bequem fußläufig erreichen. Die alte Dame steht auf. Es wird etwas kühl. Außerdem will sie, bevor es im „Haus für Betreutes Wohnen“ Abendessen gibt, noch im Seniorencafé vorbeischauen. „Kaum zu glauben, dass da vor 30 Jahren noch ein Kino stand“, sagt sie etwas gedankenverloren zu sich selbst.

Zurück im harten Januar-Winter des Jahres 2017. Hier präsentiert sich die Horber Innenstadt als zusammengewürfelter Haufen aus historischen Gebäuden und 60er-Jahre-Abscheulichkeiten, an denen pro Tag gefühlte quadrillionen Lastwagen in den Ohren der Horber rauschen, die mit Blick auf die ruinenartige Fassade des Sebastian-Lotzer-Hauses ihren Weg in die Innenstadt suchen.

Der Bürgerdialog im Feuerwehrhaus am vergangenen Mittwochabend sollte einen Schritt in Richtung der Szene bedeuten, deren Zeuge die alte Dame aus dem Jahr 2025 wurde.

Im März des vergangenen Jahres kam der Bescheid: Die Horber Innenstadt wird zum Sanierungsgebiet. Ein Jahr später, also in etwa zwei Monaten könnte der endgültige Startschuss fallen. Ab April sollen dann die Bagger rollen beziehungsweise die Pinsel schwingen.

Der Fördertopf „Soziale Stadt“, aus dem die Gelder fließen, fördert dabei – anders als beim Landessanierungsprogramm – auch „nicht-investive“ Projekte. „Beispielsweise könnte ein Platz gebaut werden, der gefördert wird, auf dem einmal im Quartal ein Bürgertreff stattfindet, der auch bezuschusst werden könnte“, erklärt Hanna Denecke, Projektleiterin der „Wüstenrot Haus- und Städtebau Gesellschaft“, die für die vorbereitenden Planungen des Sanierungsgebiets verantwortlich ist.

Das Mega-Projekt funktioniert aber nicht ohne die Bürger, denn neben den öffentlichen Projekten, mit denen die Stadtverwaltung das Zentrum umkrempeln will, bieten Sanierungsgebiete große Chancen für Eigentümer von Immobilien. Unter den 20 Interessierten, die sich am Mittwochabend ins Feuerwehrhaus aufmachten, waren daher auch einige Hauseigentümer (für die genaue Ausdehnung des Gebietes und weitere Informationen zu Förderbedingungen: siehe Infokasten).

Das Gebiet erstreckt sich von der Schillerstraße 27 im Westen bis zum alten Bahnwärterhäuschen auf dem südlichen Teil der Mühlener Straße und dem Gebiet darunter. Im Norden sind Gebiete rund um den Gärtnereibetrieb Knödler inbegriffen, genauso wie die Gutermann Grundschule. „Ein spannendes Areal“, nannte Oberbürgermeister Peter Rosenberger die Flächen eingangs. Dass bei der Bespielung des Gebietes vordringlich auch die Bürger gefragt sind, machte Denecke durch den interaktiven Teil des Abends deutlich. Hier durften die Anwesenden per beschriebenem Zettel – rot für schlecht, grün für gut – Missstände und Chancen direkt auf einer Karte des Gebietes kenntlich machen.

Monika Steimles Haus befindet sich auch im Sanierungsgebiet. Sie klebt einen roten Zettel auf die Karte, weil es für sie an attraktiven Fußwegen mangelt. „Das würde die Akzeptanz von Parkern außerhalb der Innenstadt steigern“, sagt sie. Die Altstadt sei „zu schade, als dass hier nur Autos rumstehen“. Gerade im Bereich der Saarstraße gäbe es großes Entwicklungspotenzial für Familien. „Hier wuselt es“, so Steimle.

Die roten Zettel auf der Karte sprechen eine deutliche Sprache: zu viele Leerstände, zu viel Verkehr, zu wenig Einzelhandel. Probleme, die für die alte Dame aus dem Jahr 2025 in der Vergangenheit liegen. Sie kann sich noch daran erinnern, dass das Seniorencafé in dem sie gerade ihren Kaffee schlürft, einmal als Idee auf einem roten Zettel stand. Sie denkt zurück: „Monika Steimle, genau so hieß sie, die hat den damals auf die Karte geklebt.“

Bedingungen für Privatsanierer

Jeder, der ein genehmigtes Projekt innerhalb der Gebietsgrenzen startet, kann mit einem Zuschuss von 20 Prozent der förderfähigen Kosten rechnen – bei denkmalgeschützten Gebäuden sogar mit 30 Prozent. Maximal gibt es einen Zuschuss von 75 000 Euro. Abbruchkosten bei anschließender Neubebauung werden zu 100 Prozent erstattet, ohne Neubebauung werden 50 Prozent Zuschuss ausbezahlt. Außerdem werden Eigenleistungen angerechnet auf bis zu 15 Prozent der förderfähigen Kosten (8 Euro pro Stunde). Weitere Vorteile gibt es bei der steuerlichen Abschreibung. Gefördert werden Modernisierungsprojekte wie beispielsweise ein neues Heizsystem, die Erneuerung der Sanitäreinrichtungen, Malerarbeiten, die Modernisierung von Außenanlagen oder energetische Sanierungen. Die genauen Voraussetzungen werden in einem Beratungsgespräch mit der zuständigen Stelle der Stadtverwaltung Horb geklärt. Die bisher geplanten Ausmaße des Sanierungsgebiets und Adressen zu Ansprechpartnern finden sich auf der Webseite www.horb.de unter dem Suchbegriff „Fruchtkasten /
Innenstadt“
oder Telefon 0 74 51/90 12 68.