Filmfest Frauenwelten

Bedrückende Themen, beglückende Geschichten

Terre des Femmes präsentiert starke Frauen in internationalen Filmen – viele davon sind mehrfach preisgekrönt.

20.11.2017

Von Madeleine Wegner

Nach den französischen und den arabischen Filmtagen geht es ab Mittwoch auf den Kino-Leinwänden in Tübingen, Rottenburg und Reutlingen rund um die Welt: Die „Frauenwelten“ sind international. Das Terre des Femmes-Filmfest geht mit 33 Filmen aus 30 Ländern in die 17. Auflage. Vom 22. bis 29. November zeigen Spielfilme und Dokumentationen – darunter sechs Oscar-Kandidaten – Geschichten starker Frauen. Bei vielen Vorstellungen ist die jeweilige Filmemacherin, Betroffene, Schauspielerin oder auch eine Expertin anwesend.

Sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe und Widerstand gegen religiösen Fundamentalismus sind zwei der thematischen Schwerpunkte in diesem Jahr. „Les Innocentes“ erzählt die wahre Geschichte von sieben schwangeren Nonnen im winterlichen Polen 1945: Soldaten der Roten Armee hatten das Kloster überfallen und viele Frauen vergewaltigt.

Von so genannten „Trostfrauen“, die im Zweiten Weltkrieg zwangsprostituiert wurden, berichtet der Dokumentarfilm „The Apology“. Wie sexualisierte Gewalt heute im Kongo gezielt als Mittel der Kriegsführung eingesetzt wird, zeigt die Doku „City of Joy“. Iraks Kandidat für den Oscar („Reseba – The Dark Wind“) erzählt, wie eine Jesidin von Terroristen des Islamischen Staates verschleppt wird. Die Geschichte steht beispielhaft für das Schicksal tausender Frauen.

Den Taliban-Drohungen trotzen

Maria ist eine der Protagonistinnen, die gegen religiösen Fundamentalismus aufbegehrt: Sie lebt mit ihrer Familie im Nordwesten Pakistans und verwirklicht ihren Traum trotz Morddrohungen durch die Taliban. Sie wird professionelle Squash-Spielerin („Girl Unbound“). Morddrohungen erhält auch Hissa Hilal, eine 43-jährige Hausfrau und Dichterin aus Saudi-Arabien, die vollverschleiert in einer Fernseh-Castingshow das patriarchale System ihres Heimatlandes kritisiert („The Poetess“). Ein Kino-Hit aus Israel erzählt, wie sich die Frauen einer kleinen Gemeinde gegen die zunehmende Diskriminierung des neuen, jungen Rabbis wehren („The Women’s Balcony“).

Ein dritter Fokus liegt auf Mutter-Tochter-Dialogen. In „Child Mother“ erzählen Mütter aus Marokko und dem Jemen ihren Kindern zum ersten Mal davon, wie es war, als Elf- oder gar Fünfjährige zwangsverheiratet zu werden. Tochter, Mutter, Großmutter: Drei Generationen von Frauen kommen sich ebenfalls mit Hilfe der Kamera, jedoch über das Thema Abtreibung nahe und vertrauen sich Unausgesprochenes an („Some Things are Hard to Talk About“). Zu Gast beim Film-Festival sind unter anderem Rakieta Poyga, die sich in Burkina Faso für
den Schutz vor Genitalverstümmelung einsetzt; die preisgekrönte pakistanische Regisseurin Sabiha Sumar sowie die Schauspielerin Rachel Braunschweig (vielgelobter Oscar-Kandidat aus der Schweiz: „Die göttliche Ordnung“). Das Rahmenprogramm zum Festival rückt in diesem Jahr das nordsyrische Gebiet Rojava in den Fokus.

Obwohl es in den Filmen des Festivals um traumatische Erfahrungen, schmerzhafte Erinnerungen, kurz um bedrückende Themen geht, werden die Besucher die Kinovorstellung nicht völlig niedergeschlagen verlassen: Das verspricht Kathrin Frenz, die im vergangenen Jahr die Festivalleitung übernommen hat. Zusammen mit Anna Bausch (Festivalkoordination) und ihrem Team hat sie bewusst solche Filme ausgewählt, die Perspektiven und Lichtblicke auftun. Filme, die Frauen nicht in erster Linie als Opfer zeigen, sondern als Persönlichkeiten, die sich behaupten und ihren eigenen Weg gehen.

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Erstellt:
20.11.2017, 18:28 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 31sec
zuletzt aktualisiert: 20.11.2017, 18:28 Uhr

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