Tübingen · Weihnachtsspendenaktion

VSP-Gärtnerei: Beete wenden um 90 Grad

Der Ausbau der Gärtnerei des VSP Verein für Sozialpsychiatrie schreitet voran. Es gibt jetzt einen Bauwagen, bald auch Strom und Wasser.

24.12.2021

Von Monica Brana

Die Pflanzen haben schon ein Haus in der Gärtnerei im Ammertal. Für das Haus für die Mitarbeiter fehlt noch die Baufreigabe. Bild: Anne Faden

Die Pflanzen haben schon ein Haus in der Gärtnerei im Ammertal. Für das Haus für die Mitarbeiter fehlt noch die Baufreigabe. Bild: Anne Faden

Neben dem Ammertalradweg der grüne Bauwagen, dahinter das Gerippe eines großen Folientunnels, und dazwischen rund 20 Helfer in Arbeits- und Outdoorkleidung: Am Freitagmorgen ging es in der Gärtnerei „Guter Grund“ des Vereins für Sozialpsychiatrie (VSP) hoch her.

Gegen zehn Uhr bauten die Helfer, darunter die VSP-Hauptamtlichen Judith Krieger und Franziska Schüle, gemeinsam mit Kerstin Weiß, die vor Ort die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) koordiniert, Gebäck und Thermoskannen auf – wie an jedem der drei wöchentlichen Arbeitstage gab es eine gemeinsame Brotzeit. Hauptaufgabe an diesem Tag sei die Verlagerung des 10 mal 40 Meter langen Folientunnels, erläuterte Weiß. Das bedeute: Die Folie entfernen, das Gestell einige Meter weit tragen und wieder bespannen. Danach mussten Spinde, Gemüsekisten und allerlei Gerät der Tunnelüberdachung nachfolgen. Anschließend sollen die nun quer verlaufenden Saatreihen einen Schwenk um 90 Grad vollziehen. Es gebe stets viel zu tun. Derzeit wachsen Feldsalat, Rosen- und Grünkohl. „Der Mangold überwintert im Tunnel.“ Das dieses Jahr bezogene Gelände werde insgesamt umstrukturiert und um den östlich angrenzenden Acker erweitert.

Als Tunnelhelfer wirkten neben VSP-Klienten mit psychischer Erkrankung auch Angehörige und drei Ehrenamtliche mit. „Ich schaue, dass ich ein Mal die Woche da bin“, sagte Daniela Grothe. Eine Freundin habe die 26-Jährige auf den Aushang am Radweg hingewiesen, daraufhin habe sie sich als Helferin angeboten. „Man kann hier sehr viel über die Gartenarbeit lernen“, fand sie. Zudem sei der Umgang „sehr angenehm hier“. Er könne mit der Natur in Kontakt stehen und die sprichwörtlichen Früchte seiner Arbeit sehen, stimmte der 33-jährige Julian Wider zu. „Das ist quasi bio, auch wenn’s nicht zertifiziert ist.“ Auch ihn führte der Aushang ins Ehrenamt. Sabine Schneider verknüpft ihre Erfahrung im sozialen Bereich mit einer weiteren Leidenschaft: der Gartenarbeit. „Ich freue mich auf jeden Mittwoch“, so die 50-Jährige. Sie habe vor Ort viel dazu gelernt und könne eigene Ideen einbringen. Die Ehrenamtlichen brächten „eine ganz andere Energie“ ein, fand Krieger. Nach dem Herzug aus der Gartenstraße hätten anfangs zwei-, dreimal die Woche Interessierte ihre Mithilfe im VSP-Solawi-Betrieb angeboten, sagte Schüle.

Und wie ist der Stand des Gartenprojekts? Seit Mittwoch stehe der Bauwagen, erläuterte Weiß. Über Ebay wurde er gekauft, und nun könnten die Klienten und Mitarbeiter „mal ein Telefonat im Warmen führen“. Die Stadtwerke legten eine Leitung, ab kommender Woche solle es Strom und Wasser im geräumigen Bauwagen geben, der bisher mit einem Tisch und einer Sitzbank ausgestattet ist.

VSP-Gärtnerei: Beete wenden um 90 Grad
Derzeit arbeiten neben den Hauptamtlichen eine Minijobberin und sechs stationäre Klienten sowie drei Zuverdienende im Garten, sagte Weiß. Ab Februar gebe es eine vierte Hauptamtliche, im Sommer hätten acht Ehrenamtliche mitgeholfen. Bis zu 21 Menschen könnten insgesamt vor Ort arbeiten. Ziel sei es, den Garten an fünf Tagen die Woche zu bewirtschaften, sagte Weiß. Das Grundstück verfüge über einen artesischen Brunnen, aus dem Wasser austritt: „Das gibt’s ganz selten.“ Für das projektierte Gebäude, das am Radweg entstehen soll, fehle noch die Baufreigabe. Wenn alles fertig sei, solle es ein Mal die Woche einen Verkauf und Abgabe der Solawi-Gemüsekisten geben, zudem einen Selbstbedienungsverkauf am Weg.

„Es gibt für psychisch kranke Menschen keine Lobby“, sagte Krieger. Manche könnten auch nur eine Stunde am Tag arbeiten. Im Garten brächten auch kurze Arbeitseinsätze sichtbare Ergebnisse, die Kunden wertschätzten die Produkte. Er biete den Klienten „auf respektable Weise“ einen Ort, zu dem sie kommen können.

Vereinsamung sei ein großes Thema für psychisch Erkrankte – eine Klientin betrachte ihre liebgewonnene Gartengruppe beinahe als Familienersatz. Für psychisch Erkrankte sei es enorm schwierig, eine Arbeit zu finden, sagte Weiß. Gerade Langzeitarbeitslose könnten hier allmählich wieder in vorgeordnete Strukturen finden.

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Erstellt:
24.12.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 23sec
zuletzt aktualisiert: 24.12.2021, 01:00 Uhr

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