Freie Rede in Gefahr

Bei den Französischen Filmtagen wird in diesem Jahr viel über Politik geredet

Islamistischer Terror, der Front National auf dem Vormarsch, die Meinungsfreiheit unter Druck - Frankreich hat ein heikles politisches Jahr hinter sich. Die neue Filmtage-Reihe "Bestandsaufnahme" nimmt einige der Problemzonen unter die Lupe - mit Filmbeiträgen und Diskussionsrunden.

03.11.2015

Von tol

Das schlimmste Ereignis war der Terroranschlag einer Al-Qaida-Gruppe auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo im Januar mit elf Toten. Nachdem sich die erste Erschütterung gelegt hatte, gab es auch Stimmen, die den Opfern zumindest indirekt eine Mitschuld unterstellten: Schließlich hätten sie gläubige Moslems mit provokativen Karikaturen bis zur Weißglut gereizt. Zur Diskussion über Meinungsfreiheit haben die Filmtage Denis Robert eingeladen. Der Journalist bringt sein Doku-Porträt von François Cavanna, einen der Gründer von Charlie Hebdo, mit nach Tübingen.

Robert weiß aber auch aus eigenem Erleben, wie dünn das Eis der freien Meinungsäußerung ist. Vor 15 Jahren brachte er die Clearstream-Affäre ins Rollen, einen Skandal um angebliche Schwarzgeld-Konten hoher Politiker. Mit zahllosen Prozessen sollte der Reporter damals zum Schweigen gebracht werden. Inzwischen gibt es auch einen Politthriller zur Affäre: L'Enquête zeichnet die Ereignisse aus Roberts Perspektive nach. Im Anschluss an dessen Vorführung (Montag, 9. November, 20.30 Uhr, Kino Museum) wird über Meinungsfreiheit diskutiert.

Ein Neonazi will sich bessern: "Un Français".

Ein Neonazi will sich bessern: "Un Français".

Sehr allgemein um "Gesellschaft im Umbruch" geht es in einem Experten-Talk am Sonntag, 8. November, um 18 Uhr im Kino Museum. "Probleme wie die Flüchtlingskrise sind keine rein französischen, sondern gesamteuropäische Herausforderungen: Welche Unterschiede werden zwischen Lösungsstrategien in Frankreich und seinem Nachbarn Deutschland sichtbar?", heißt es in der Ankündigung.

Flankiert wird die Gesprächsrunde unter anderem von dem Film Un Français über einen Skinhead, der seine Nazi-Vergangenheit hinter sich lassen will. Dass es in Frankreich mitunter auch einträchtig zugeht, zeigt der Dokumentarfilm Le bois dont nos rêves sont faits. Regisseurin und Festival-Gast Claire Simon präsentiert den Pariser Park Bois de Vincennes als eine Bastion von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.