Horb · Pandemie

Beste Hilfe und Schutz zugleich

Mit der Infektpraxis in Dornstetten möchten Hausärzte aus dem Landkreis vermeiden, dass mit dem Coronavirus Infizierte in ihre Praxen kommen.

01.04.2020

Von Maik Wilke

Das Innere der Riedsteighalle in Dornstetten wurde zur zentralen ambulanten Infektpraxis umfunktioniert. Archivbild

Das Innere der Riedsteighalle in Dornstetten wurde zur zentralen ambulanten Infektpraxis umfunktioniert. Archivbild

Um 14 Uhr beginnt am heutigen Donnerstag die Schicht von Dr. Beatrix Oberle. Doch bevor die Medizinerin in der Dornstetter Riedsteighalle Patienten behandelt, muss sie sich im Verzicht üben: Drei Stunden vor Schichtbeginn trinkt Oberle keinen Schluck Wasser mehr. Der Grund: Der Ganzkörperanzug, den sie und ihre Kollegen in der zentralen Infekt-Ambulanz tragen müssen, lässt keine Toilettengänge zu. „Nach dem OP-Saal in der Freudenstädter Kreisklinik ist die Praxis in der Riedsteighalle der wohl am zweitbesten sterilisierte Raum im ganzen Landkreis“, betont Beatrix Oberle.

Die in Eutingen wohnende und praktizierende Ärztin sowie zahlreiche Kollegen haben sich zusammengeschlossen, um mit der zentralen Infekt-Ambulanz – oder kürzer: Infektpraxis – eine Win-win-Situation zu schaffen: Zum einen werden in den zehn Untersuchungsräumen in der Riedsteighalle Patienten, die an Fieber und Atemwegsinfekten erkrankt sind, unter optimalen Bedingungen behandelt. „Zum anderen vermeiden wir damit, dass infektiöse Patienten in die einzelnen Praxen kommen – und diese eventuell mit dem Coronavirus kontaminieren“, erklärt Oberle. So schützen Ärzte vor allem chronisch Kranke, die in ihren Praxen untersucht werden, vor Corona.

Diesen Vorteil betonen auch der Ärzteverbund um die federführenden Dr. Matthias Kraft, Dr. Michael Nagel und Dr. Jutta Diem sowie Dornstettens Bürgermeister Bernhard Haas und Landrat Klaus Michael Rückert. Letzterer zeigte sich begeistert: „In Dornstetten ist innerhalb kürzester Zeit Unglaubliches auf die Beine gestellt worden. Mein herzlichster Dank hierfür geht zum einen an die Ärztinnen und Ärzte im gesamten Landkreis und ihre Teams, die hier Verantwortung übernehmen und sich über alle Maßen dafür einsetzen, diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Aber auch an Bürgermeister Haas und seine Mannschaft, die Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus und bei uns im Gesundheitsamt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Rathäusern und im Landratsamt sowie sämtliche Partner, die sehr engagiert bei der Sache sind. Und nicht zuletzt möchte ich auch allen Einwohnerinnen und Einwohnern danken, die sich an die Regelungen des Landes halten, denn nur gemeinsam werden wir diese Herausforderung meistern.“

Die Fieberambulanz wurde am vergangenen Freitag in Betrieb genommen. Die Ärzte behandeln dort Bewohner aus dem gesamten Landkreis Freudenstadt. Wichtig: Eine Überweisung des jeweiligen Hausarztes ist nötig. Zwar können Ärzte viele Menschen über das Telefon beraten, doch gebe es weiterhin Fälle, bei denen eine persönliche Untersuchung unabdingbar sei; beispielsweise um eine Mandel- oder Lungenentzündung auszuschließen. „Und das ist in unseren Praxen oft nicht ohne Risiko einer Kontamination möglich, weil uns die entsprechende Schutzausrüstung fehlt“, erklärt Oberle. In der Riedsteighalle ist diese hingegen vorhanden.

Gearbeitet wird dort im Schichtbetrieb à drei oder vier Stunden; jeweils ein Arzt und eine medizinische Fachangestellte kümmern sich um die Patienten. Hinzu kommen zwei weitere medizinische Fachangestellte, die die Termine koordinieren. Um ihren Schutzanzug anzuziehen, benötigt Oberle eine Viertelstunde. Danach ähnelt die Arbeit einem Aufenthalt in der Sauna – nur eben, dass gearbeitet wird. Das Atmen durch den Mundschutz ist anstrengend; im Gegensatz zu den für den privaten Gebrauch käuflich zu erwerbenden Filtern lässt die Profi-Variante für medizinisches Personal keinerlei Luft von außen an Mund und Nase – und schirmt somit die Schleimhäute von Viren ab.

25 Patienten am Freitagmittag

Anmelde- und Behandlungsverfahren sind genau strukturiert, die Abläufe werden streng eingehalten. Die Patienten bekommen einen Termin mit genauer Uhrzeit und warten auf dem Parkplatz, bis sie vom Fachpersonal abgeholt und direkt in den Untersuchungsraum geführt werden. Nachdem der Patient untersucht wurde, wird er über einen Extra-Ausgang nach draußen geführt. Die Untersuchungsräume werden nach jedem Patienten vollständig desinfiziert. Das Angebot wird gut aufgenommen: Allein am Freitagnachmittag, also noch am Eröffnungstag, wurden 25 Patienten behandelt. Noch sind die Kapazitäten nicht ausgelastet, und im Sinne aller betont Dr. Beatrix Oberle: „Ich bin froh, wenn das so bleibt.

Dem Ärzteverbund ist es wichtig, dass Patienten keine Sorge haben, in eine Virenschleuder zu kommen, sondern dass sie in der Riedsteighalle unter sterilen Bedingungen untersucht werden.

Zuerst anmelden!

Wichtig: Patienten werden über ihren Hausarzt und an Wochenenden über die ärztliche Notfalldienstpraxis am Krankenhaus (Telefon 116 117) angemeldet.

Unter der Woche ist die Infektpraxis von 8 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr für Erwachsene und von 12 bis 15 Uhr für Kinder geöffnet. An Samstagen, Sonntagen und Feiertagen ist die Praxis von 10 bis 14 Uhr für Erwachsene, für Kinder von 9 bis 15 Uhr geöffnet.

Zum Artikel

Erstellt:
01.04.2020, 19:41 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 16sec
zuletzt aktualisiert: 01.04.2020, 19:41 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Prost Mahlzeit
Sie interessieren sich für gutes und gesundes Essen und Trinken in den Regionen Neckar-Alb und Nordschwarzwald? Sie wollen immer über regionale Gastronomie und lokale Produzenten informiert sein? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Prost Mahlzeit!