Kunstfestival

Blicke hinter schwäbische Gardinen

Frank Fierke und Monika Golla haben ein weiteres Künstlersymposium organisiert, am Wochenende sind die Ergebnisse zu sehen und zu hören.

14.10.2016

Von Ulrich Eisele

Diese Installation von Klaus E. Dietl trägt den Titel „Börstingen11“. Reproduktion aus dem Katalog zum Symposium.

Diese Installation von Klaus E. Dietl trägt den Titel „Börstingen11“. Reproduktion aus dem Katalog zum Symposium.

Die Stimmung war am Mittwochabend ein wenig so wie früher bei Fachschaftsratssitzungen: ein paar Personen auf alten Stühlen im Raum verteilt, Bierflaschen in den Händen, zwei auf einem roten Sofa erklären, was sie vorhaben: „Wir bewegen uns durch die Nacht der Gegenwart“, sagt Michael Wehren von der Künstlergruppe „friendly fire“ aus Leipzig. „Wir spielen Formen des Zusammenseins durch und verfremden sie.“ „Walking inside Börstingen“ nennen er und seine Partnerin Melanie Albrecht ihr Projekt, mit dem sie die Zuschauer am kommenden Wochenende auf eine Traum(a)tour durch den Starzacher Teilort mitnehmen wollen.

Schon zum zweiten Mal haben die ortsansässigen Künstler Frank Fierke und Monika Golla zu einem zweiwöchigen Künstlersymposium eingeladen, das diesmal sogar vom Innovationsfond Baden-Württemberg mit 25000 Euro gefördert wird. 20 experimentelle Künstler aus zehn Nationen sind vom 10. bis 23. Oktober Gäste in der ehemaligen Börstinger Schule – Aktions-, Performance- und Klangkünstler, Komponisten, Video-Artisten. Unter dem Titel „Vorort²_draußen“ suchen sie nach Bezügen zu ihrem momentanen Aufentaltsort. Die Ergebnisse ihrer Suche stellen sie am kommenden Samstag und Sonntag, 15./16. Oktober, in und vor der Schule sowie im Ort Börstingen vor.

Kosmas Giannoutakis beispielsweise, ein griechischer Klangkünstler, der in Graz lebt, stellt zwölf Lautsprecher in einem Kreis auf und entlockt ihnen nach kybernetischem Muster erzeugte elektronische Töne. Ein Tonkünstler ist auch Nikolaus Heyduck aus Darmstadt. Er sammelt auf Spaziergängen durch Börstingen Hörproben, die er dann zu einer Symphonie vereinigt.

Makiko Nishikaze, Komponisten und Pianistin aus Berlin, verbindet Töne ihrer Umgebung mit choreografischen Szenen – einem Ballett auf- und zuklappender Regenschirme beispielsweise. Gar nicht festlegen mögen sich Stephanie Müller und Klaus E. Dietl aus München: Sie suchen nach Geschichten am Rand, die sie hörbar machen wollen – oder auch einen Stummfilm mit bewegten Bildern vom intermediären Ort ihres Schaffens zusammenbasteln.

Am Samstag, 15., und Sonntag, 16. Oktober, sind die Ergebnisse – auch die anderer Künstler – bei einem großen Kunstfestival zu bestaunen: Zieleinfahrt zu einem imaginären Autorennen, Nähmaschinen als Musikinstrumente, eine Bibliothek weggeworfener Texte, Blattvergoldung an Mülleimern, Blicke hinter schwäbische Gardinen. Am Samstag ab 15 Uhr, am Sonntag 11 Uhr – jeweils an der Bushaltestelle „Schule“ in Börstingen. Am Donnerstag, 20. Oktober gibt es zum Abschluss ab 20 Uhr ein Konzert und eine Ausstellung.