Muss man blinde Kinder wirklich auf den Himalaya schleppen, damit sie als vollwertige Menschen gelten?

Blindsight

Muss man blinde Kinder wirklich auf den Himalaya schleppen, damit sie als vollwertige Menschen gelten?

23.11.2015

Von che

Blindsight

Das Schlimme ist nicht die Dunkelheit, sondern die Angst davor, ausgestoßen zu werden, sagt Erik Weihenmayer, der mit 13 Jahren erblindete. Um sich Respekt zu verschaffen, erklomm er 2001 den Mount Everest.

Ein paar Jahre später will Sabriye Tenberken in seine Fußstapfen treten. Die junge Deutsche leitet in Lhasa eine Schule für blinde Kinder, die in Tibet aus religiösen Gründen gewöhnlich wie Aussätzige und Nichtsnutze behandelt werden. Mit der gemeinsamen Besteigung des fast 8000 Meter hohen Himalaya-Riesen Lhakpa Ri will sie ihren Schützlingen Selbstvertrauen einimpfen und den Diskriminierern Kontra geben.

Die Filmemacherin Lucy Walker dokumentiert minutiös die von erfahrenen Bergführern beaufsichtigte Vorbereitung und Durchführung des verwegenen Plans und verschweigt nicht die Konflikte innerhalb der Gruppe, wo sportlicher und pädagogischer Ehrgeiz manchmal aufeinanderprallen. Daneben möchte die Regisseurin auch den früheren Schicksalen der Kinder nachspüren. Richtig nahe kommt sie aber nur dem Chinesen Tashi (Bild), der als Zehnjähriger von seinen Eltern verkauft wurde und betteln gehen musste, ehe ihn Tenberken von der Straße holte.

Nicht ganz unproblematisch ist die unterschwellige Botschaft des Films, wonach Behinderte die Leistung der Normalen gefälligst zu toppen haben, wenn sie anerkannt werden wollen. Diese Crux wird auch Tenberken irgendwann bewusst, weswegen das Unternehmen kurz vor dem Gipfelsturm abgebrochen wird. Freilich scheint dem Film das Versäumnis fortan ein bisschen peinlich zu sein ? als schäme er sich insgeheim dafür, dass auch in diesem Fall der Weg das Ziel ist.

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Erstellt:
23.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 46sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2015, 12:00 Uhr

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