Tübingen

Wildes Narrentreiben bei strahlendem Sonnenschein

„Hexa“ und „Deiffele“ drängten sich am Sonntag durch die Altstadtgassen in Tübingen. Im Publikum waren hauptsächlich die Kinder verkleidet.

17.02.2019

Von Sarah Zimmermann

Dicht an dicht drängten sich auch in diesem Jahr tausende Zuschauer des bunten Spektakels in der Tübinger Innenstadt. Vom Marktplatz hörte man schon das unverkennbare Trommeln und die erfreuten Schreie der Kleinsten. Dann sah man die ersten bunt gekleideten und grimmig schauenden Narren.

71 Narrenzünfte nahmen am Sonntag am traditionellen Fasnetsumzug durch die schmalen Gassen im Herzen Tübingens teil. Angefangen in der Haaggasse zogen die Hexen und Narren über Marktplatz und Holzmarkt. Entlang der Strecke waren drei Wagen mit Sprechern aufgebaut, welche die Zuschauer mit Informationen rund um die Zünfte versorgten. Während die Bläser und Trommler im Vorbeigehen „Only You“ von Alison Moyet zum Besten gaben, regnete es wenige Meter entfernt weißes Konfetti.

Die Masken der Zünfte waren überwiegend grimmig und böse, ab und an war auch ein Lächeln dabei. So stellten zum Beispiel die Kostüme des Fasnetclubs aus Unterjesingen nette alte Herren dar, die mit Eimern voller Trauben durch die Menschenmasse liefen und „Budda – Voll“ riefen. Auch die Raupa der Narrenzunft Tübingen stellen Weinbauern dar. Mit frechem Grinsen, roten Oberteilen und braunen Hosen erscheinen sie recht schlicht. Bei genauem Hinsehen konnte man in den Weinblättern und Weintrauben auf der detaillierten Maske die Verbindung zum Tübinger Weinbau erkennen.

Die Tübinger Narren ’99 fielen gleich doppelt auf: Im Nu formierten sich die „Neckar-Hexa“ und „Georgs-Deiffel“ zu einem akrobatischen Turm aus Menschen, was die Zuschauer zum Jubeln brachte. Hinter sich zogen sie ihre fahrbare, rauchende Feuerstelle, ausgestattet mit einem Tierkopf und reichlich Reisig zum Verbrennen. Auch die Freien Naren Dettenhausen hatten einen Wagen dabei. Auf ihm waren Jack-Daniels- Flaschen mit Zapfhahn angebracht. Ein hüpfender Kaktus hat es ebenfalls zum Umzug geschafft, nicht ohne Grund heißt der Zunftschrei der Los Mexicanos Bühl „Kak-Tus“. Wie gewohnt wurden im hektischen Treiben Süßigkeiten an die verkleideten Kinder verteilt. Einige grimmige Hexen stahlen Kopfbedeckungen oder Schuhe der kleinen Zuschauer, stellten sie jedoch wenige Meter weiter wieder ab. Als besondere Attraktion hüllten sich einige Zünfte in farbigen Pyro-Nebel, der aus der Ferne mystisch wirkte, die vielen Zuschauer von nahem jedoch in eine Duftwolke aus Schwefel hüllte.

„Ich hab die Fasnet sozusagen mit der Muttermilch aufgesaugt“, sagte Nina Renner. Sie war selbst bei der Narrenzunft Bühl mitgelaufen. Am besten gefällt ihr, dass man bei der Fasnet Zeit mit der ganzen Familie verbringen kann. Ihre Freundin Beate Antoni war ebenfalls beim Umzug dabei. „Als wir neu hergezogen sind, hat uns das mitgerissen und geholfen, neue Leute kennenzulernen.“

Nicole Romey kennt die Fasnet aus ihrer Heimat, ursprünglich ist sie in der Nähe von Sigmaringen zuhause. „Ich finde das Fröhlichsein toll. Bei der Fasnet muss man sich selbst nicht so ernst nehmen“, sagte die 28-jährige. Mit ihrer bunten Brille, den Blumen auf der Wange und dem farbenfrohen Schal fällt sie auf. Nur wenige Erwachsene haben sich beim Fasnetsumzug verkleidet. In Sigmaringen sei es gängig, dass man sich verkleidet, so Romey. In Tübingen wurde sie jedoch auf dem Weg in die Innenstadt komisch angeschaut. „Ich finde die Kreativität der Wägen sehr sehenswert“, sagte Pedro Bretana Movilla. Der 53-jährige hatte früher selbst mitgeholfen, heute geht er mit seiner Familie nur zum Zuschauen zum Fasnetsumzug.

Und was sagen die Anwohner? „Ich freue mich, dass ich da leben kann, wo oft viele Menschen sind“, sagte Phillipp Hamburger. Der 25-jährige kann mit der Fasnet selbst nicht viel anfangen, freut sich aber dennoch über so viel Leben auf den Straßen.

Ausklang fand der Fasnetsumzug in der Hermann-Hepper-Halle, wo mit DJ Hoss und den Narren und Hexen gefeiert wurde.