Mit Engelszungen

Chef, wir wissen wo du bist

Vier Wochen Entspannung am anderen Ende der Welt. Endlich abschalten von der Arbeit, selbst für eine kurze Zeit zum Urlaubsflüchtling werden.

15.04.2016

Von Maik Wilke

Chef, wir wissen wo du bist

Seit knapp einem Monat ist unser Reutlinger Redaktionschef Thomas de Marco nun schon in Neuseeland. Ein wenig Ruhe nach der Landtagswahl tut schließlich gut – bei knapp 18400 Kilometern Abstand zur alltäglichen Arbeit in der Redaktion wird der Kopf-Aus-Modus eingeschaltet.

Wir Verbliebenen bekommen vom Pazifischen Utopia lediglich hin und wieder schöne Urlaubsbilder aus dem Schmetterlingsgarten im Singapur-Airport, dem Kratersee Lake Taupo oder einem Hotwater-Pool (Bild nur vom Pool, nicht vom Protagonisten). Ob der Chef uns damit ärgern oder wirklich an seiner Reise teilhaben möchte, bleibt sein Geheimnis. Doch auch ohne die Urlaubsfotos, die via Whatsapp einmal durch die digitalen Bahnen des blauen Kontinents zischen, wüssten wir stets über den Aufenthaltsort unseres Chefs Bescheid. Denn nicht nur er prüft unseren Arbeitsfleiß in der sturmfreien Zeit mit seinen kurzen Mitteilung – auch wir können seine Route dank gleichgeschalteter Arbeitshandys verfolgen.

Festgestellt haben wir das an einem stressigen Mittwoch in der ersten Woche seit dem Marconischen Verschwinden. Die Stadt bestätigte den Kauf der großen Industriefläche der Speditionsfirma Betz, der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas vom Scheidt legte sein Amt nieder und ein Raser pflügte mit 160 Sachen durch eine 30er-Zone. Vom Stress gebeutelt, sehnten wir uns nach dem Feierabend, als plötzlich unser Polizei- und Feuerwehrhandy Alarm schlug. Großbrand bei Bosch? Tödlicher Verkehrsunfall auf der B28? Von wegen. „Willkommen in Singapur. Buchen Sie ein Reise-Paket mit 100 MB für 5,99 Euro.“ Kurz herrschte Verwirrung, schließlich saßen wir drei Redakteure doch im Reutlinger Büro vor unseren Computern. Doch nach einem kurzen Austausch war klar: Der Chef hatte also seine erste Etappe des 24-Stunden-Flugs hinter sich gebracht – das Diensthandy für Notfälle und für Rücksprachen mit dem Redaktionsleiter lag wohl gemütlich in der Reisetasche. Die Ankunft des Chefs in Singapur wurde prompt durch das Schmetterlingsfoto der Primärquelle bestätigt.

Seither haben wir mehrmals Angebote erhalten, nun endlich ein Paket für günstiges Surfen in Neuseeland zu buchen. Dabei kraulte sich unser Chef an der Küste des pazifischen Inselstaats doch sicher schon durch eine Welle. Aber lieber Anbieter: Müssen die Nachrichten immer kurz vor Feierabend um 19 Uhr eintreffen und uns in Sorge eines abendlichen Einsatzes unter Blaulicht versetzen?

Vor zwei Tagen kam die bislang letzte Nachricht. „Willkommen in Singapur.“ Der Reutlinger Redaktionsleiter befindet sich also nach vier Urlaubswochen auf dem Heimweg. Dennoch eine kleine Warnung vom Azubi: Chef, wir wissen wo du bist.