Schwindel erregendes Gewaltepos über die Gangs von Rio de Janeiro.

City of God

Schwindel erregendes Gewaltepos über die Gangs von Rio de Janeiro.

24.11.2015

City of God

Es war einmal in Brasilien. Reservoir Dogs in Rio de Janeiro. Das sind die Schlagworte, die einem bei diesem Schwindel-erregenden Gewaltepos in den Sinn kommen.

Wie in Sergio Leones Altklassiker geht es um eine Gruppe Jugendlicher, die binnen zweier Jahrzehnte eine Karriere von sympathischen Kleinganoven zu fanatischen Schwerverbrechern machen. An Quentin Tarantino erinnern die verhackstückte Dramaturgie, die frivole Ästhetisierung von Gewalt und die Moral-Freiheit der Protagonisten. Neu ist nur der Ort des Geschehens: Die Titel-gebende „Cidade de Deus? ist eine in den Sechzigern für die Ärmsten gegründete Barackensiedlung am Rand von Rio, die 20 Jahre später zum Blut-triefenden Kriegsschauplatz ultrabrutaler Drogendealer geworden ist.

Wohl ein Dutzend Schicksale, deren jedes einen eigenen Film wert gewesen wäre, führt uns Regisseur Fernando Mereilles in knapp zwei Stunden vor, und entsprechend zackig ist das Tempo. Nur zwei Charaktere werden ansatzweise vertieft: Die Antipoden „Locke?, der vom Underdog zum mordlüsternen Drogenfürsten aufsteigt; und Buscapé, der sich als einer der wenigen der Gewalt verweigert und am Ende als Fotograf Erfolg hat.

Der Rest des Films ist das reine Delirium: Videoclip-artige, vor allem farbdramaturgisch höchst ausgeklügelte, oft mit vorwärtspreschendem Rap und Funk unterlegte Schnittfolgen, die sich nach und nach zu einem Strudel der Ausweglosigkeit fügen.

Zeit zum Innehalten oder gar Nachdenken lässt dieses audiovisuelle Sperrfeuer nicht. Wer auf die Analyse von sozialen Ursachen der Gewalt scharf ist, kommt kaum auf seine Kosten. Der Realismus beschränkt sich auf die Authentizität der Darsteller, die Mereilles monatelang in den Favelas gesucht hat. Aber warum sollte man einem brasilianischen Film ankreiden, was man jedem Hollywood-Opus wie selbstverständlich durchgehen lässt?