Verzaubernd: Wie ein ausgemusterter Hafenarbeiter mit seinem Traum vom Restaurant seine ganze Umgebung elektrisiert.

Couscous mit Fisch

Verzaubernd: Wie ein ausgemusterter Hafenarbeiter mit seinem Traum vom Restaurant seine ganze Umgebung elektrisiert.

24.11.2015

Von che

14.09.2015 Couscous mit Fisch
© null 01:03 min

Slimane ist einer dieser hageren Typen, die auf eine gewisse melancholische Weise ihr Leben lang gut aussehen. Irgendwie ist er das Herz der Großfamilie ? dabei hat er sich längst von seiner Frau getrennt und lebt in einem kargen Zimmer im Hotel seiner Geliebten Latifa.

35 Jahre lang hat der einst aus dem Maghreb eingewanderte Slimane im Hafen einer südfranzösischen Stadt geschuftet. Jetzt, wo seine Knochen müde geworden sind, will man ihn loswerden. Das ist einerseits bitter und andererseits ein Glück. Denn endlich kann der wortkarge Malocher angehen, wovon er schon immer geträumt hat. Mit seiner kleinen Abfindung möchte er einen abge­wrackten Kahn zum Hafen-Restaurant ummodeln. Geplante Spezialität: Cous­cous mit Fisch.

Allein ist so was natürlich nicht zu stemmen, aber wozu hat man Freunde und Familie? Seine geschiede Frau stellt sich als Köchin zur Verfügung, der Sohn packt bei der Renovierung an, die Tochter seiner Geliebten hilft bei den Behördengängen und die Kumpel von der Kneipe drängen sich als Musiker auf. Das klingt nach einem handelsüblichen Loblied auf die heimelige Nachbarschaft, aber der Film des Franzosen Abdellatif Kechiche („L?es­quive?) geht weit darüber hinaus.

So konterkariert der in Tunis geborene Regisseur den Traum seines Helden mit einem skeptischen Blick auf die Situation der arabischen Einwanderer, die der alten Heimat längst entfremdet sind und in der neuen selbst nach Jahrzehnten noch nicht als vollwertig akzeptiert sind. Das merkt man schon an der kühlen Herablassung, mit der die Vertreter von Banken und Ämtern Slimanes Anliegen abbügeln. Aber auch sehr individuelle Lebens­lagen, etwa Slimanes vertrackte Stellung zwischen zwei um Aufmerksamkeit buhlenden (Rumpf-)Familien, werden äußerst authentisch aufgetischt. Oft ist es simples Tischpalaver über Kindererziehung oder Kochkunst, aus denen Kechiche so präszise wie sinnliche Alltags-Miniaturen kompo­niert.

Die zweite Hälfte des 150 Minuten kurzen Films erzählt nahezu in Echtzeit vom großen Abend der Restaurant-Eröffnung ? und erzeugt dabei eine fiebrige Spannung, die es mit jedem Spitzenkrimi aufneh­men kann. Zwischen Festtags-Euphorie und unerbittlicher Dramatik treibt „Couscous mit Fisch? seinem Höhepunkt entgegen: einem denkwürdigen Bauchtanz, mit dem die 21-jährige, im Vorjahr in Venedig als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnete Hafsia Herzi schon jetzt einen Platz in der Filmgeschichte sicher hat.

Couscous mit Fisch

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 11sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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peach 13.08.200912:00 Uhr

Ich habe den Film erst gestern zum ersten Mal gesehen und muß gestehen, nur mühsam bis zum Ende durchgehalten zu haben. Ein sehr langatmiger Film mit ausufernden belanglosen Dialogen. (wie im wirklichen Leben?)Dennoch kann man das Opus nicht als schlecht bezeichnen, da der Film recht realistisch rüberkam. Sicherlich nichts für Hollywood Blockbuster Fans. Obwohl ich mich sehr schwer getan habe, dennoch Note 2.

07.10.200812:00 Uhr

Fazit der Kommentare: Was sich nicht einfachster Erzähltechniken bedient, wird von den jungen (?) Leuten nicht mehr verstanden. Und das im studentischen Tübingen, wo unsere künftige Elite zugerichtet wird.

Christian 29.09.200812:00 Uhr

Ich kann die positive Tagblatt Kritik auch nicht nachvollziehen und mich meinen Vorschreibern nur voll und ganz anschliessen. Nur weil der Film ein "schwieriges" und "erzählenswertes" Thema hat, scheint er politisch korrekte Vorschusslorbeeren zu bekommen, die er überhaupt nicht verdient. Ein bestenfalls durchschnittlicher Film, der unglaublich langatmig ist, jenseits von Gut und Böse. Bis die Erzählung in Gang kommt, sind andere Filme bereits zu Ende. Ich wäre fast raus gegangen!

Sarah 29.09.200812:00 Uhr

z.t. schrecklich anstrengende und belanglose dialoge, ein schluss, bei dem man vor unangenehm-berührtsein und ekel nicht mehr hinschauen kann, machen eine an sich nette filmidee vollkommen kaputt und das zuschauen zuweilen unerträglich.

bacchus 27.09.200812:00 Uhr

Die Endlosschleifen der Familiengespräche drastisch gekürzt und einen Kurzfilm von 60 Minuten daraus gemacht - dann hätte er von mir eine 1 bekommen ...

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