Horb · Corona-Beschränkungen

Das Ende der Isolation ist in Sicht

Besuche sind in Horber Pflegeheimen bis dato nicht erlaubt. Angehörige berichten, warum das für Demenzkranke ein großes Problem ist. Lange müssen sie nicht mehr warten: Am Mittwoch, 3. Juni, ändert sich die Regelung.

30.05.2020

Von Benjamin Breitmaier

Noch können sich die Bewohner der Horber Pflegeheime nicht frei bewegen. In der kommenden Woche sind wenigstens Besuche wieder erlaubt. Archivbild: Metz

Noch können sich die Bewohner der Horber Pflegeheime nicht frei bewegen. In der kommenden Woche sind wenigstens Besuche wieder erlaubt. Archivbild: Metz

Er ist weit mehr als 80 Jahre alt. Die Demenz raubt ihm oft die Orientierung. Es fällt ihm schwer, die Situation zu verstehen, was da draußen passiert, warum seine Lieben nicht mehr kommen dürfen. Er ist traurig, das hat er seinen Angehörigen am Telefon gesagt, aber nur, nachdem die Pflegekraft nicht mehr
im Zimmer war. Sonst zeigt er selten Gefühle, er hat es nicht anders gelernt.

Laut Deutschlandtrend sind 67 Prozent der Bevölkerung mit dem Krisenmanagement in Zeiten der Pandemie zufrieden. Die Angehörigen des demenzkranken Mannes sind keine Ausnahme. Doch sie leiden mit ihrem Verwandten in einem Horber Pflegeheim.

Sie wollen keine pauschale Kritik an der Heimleitung üben, sie sind dankbar für die Leistung, die die Pflegekräfte erbringen wird. Das sagen sie mehrmals bei dem Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE. Die Familie zieht es vor, nicht mit Namen in der Zeitung zu stehen. Als sie vor zwei Wochen den Artikel „Alles gut, Omi“ (Ausgabe vom 16. Mai) in der Zeitung lasen, da wollten sie ihre Geschichte erzählen, eine andere Perspektive.

Der Artikel handelt von zwei Frauen, die eine Bewohnerin des Pflegeheims Bischof Sproll besuchten. Sie saßen in einem Zelt vor dem Gebäude, ihre Mutter und Großmutter gegenüber in einem Zimmer. Dazwischen mehr als zwei Meter Abstand und eine durchsichtige Folie.

Die Lösung ist eine Alternative zu Besuchen in den Heimen selbst, die seit 18. Mai theoretisch erlaubt sind, die von Seiten der Horber Spitalstiftung jedoch bis vor kurzem als zu gefährlich erachtet wurden. Das hat sich geändert. Am vergangenen Mittwoch ging ein lang ersehntes Schreiben bei den Angehörigen der Horber Pflegeheim-Bewohner ein: „Aufgrund der Tatsache, dass wir derzeit kaum noch Corona-Neuinfektionen in Horb und im Landkreis haben, sehen wir uns in der Lage, in eine neue Phase der Öffnung ab dem 3. Juni in unseren Altenpflegeheimen ,Ita von Toggenburg‘ und ,Bischof Sproll‘ zu treten“, heißt es wörtlich in dem Brief.

Die Heimleitung spricht von einem „atmenden Konzept“. Das bedeutet: Es wird weiterhin umfangreich getestet. Sollte das Infektionsgeschehen im Rahmen bleiben, können weitere Öffnungsstufen erwogen werden. Die Heimleitung stellt jedoch auch klar: „Sollten Infektionen zunehmen, werden wir Öffnungsmaßnahmen unverzüglich zurücknehmen und die Schutzmaßnahmen intensivieren.“

Die Ankündigung vom Ende des Besuchsverbots kommt für die Angehörigen des Demenzkranken keinen Tag zu früh.

Grundsätzlich hätten sie Verständnis für das Vorgehen der Heimleitung gehabt, doch die Zeltlösung kam für sie nicht infrage: „Er kann nichts sagen, er weiß gar nicht, was los ist. Es ist schwierig, ihn einzuschätzen“, berichten sie am Telefon, „uns war nur klar, dass es ihm nicht gut geht.“ Sie hätten es mit dem Zelt probiert, doch „er sitzt dann in einem Zimmer, das er nicht kennt, er weiß gar nicht, wo er ist, er hat immer wieder gefragt: ,Wo seid ihr?‘ Ich denke, das hat nicht viel gebracht.“

Sie seien froh und dankbar, dass die Horber Heime bisher von dem Virus verschont geblieben sind. Doch die Sorge um ihren Angehörigen blieb: „Wir sind sehr froh, dass kein Corona im Heim ist. Doch jetzt, da unser Angehöriger keine Möglichkeiten hat und seelisch angeschlagen ist, dass wir ihn da nicht richtig besuchen können, das ist für uns eine sehr schwierige Situation. Für ihn sind unsere Besuche sehr wichtig, nicht lebensnotwendig, aber sehr wichtig“, sagen sie. Deswegen waren sie geradezu euphorisch, als das Schreiben in ihrem Briefkasten lag:
„Jetzt ist alles gut, jetzt sind wir alle froh.“

Die neuen Regelungen

Personenzahl: Pro
Bewohner ist pro Tag grundsätzlich ein
Besuch erlaubt. Der
Besuch wird dabei auf maximal zwei Personen beschränkt.

Zeiten: Die täglichen Besuchszeiten sind von Montag bis Freitag, 14 bis 17.15 Uhr und samstags, sonn- und feiertags von 14 bis 16 Uhr.

Besuchsort: Besuche sind nur im Bewohnerzimmer oder anderen geeigneten Besucherbereichen, beispielsweise im Besucherzelt zulässig, wie die Heimleitung mitteilt.

Schutzmaßnahmen: Die Besucher müssen sich in eine Liste eintragen, um im Ernstfall Infektionsketten verfolgen zu können. Das Haus kann nur nach vorheriger Händedesinfektion betreten werden. Desinfektionsspender stehen am Eingang zur Verfügung. Zu jeder Zeit muss eine Gesichtsmaske getragen werden, ansonsten wird der Einlass ins Heim nicht gewährt. Der Mindestabstand von eineinhalb Metern ist weiterhin einzuhalten.

Termine: Anmeldungen sind von Montag bis Freitag von 9 bis 12 und von 13 bis 16 Uhr frühestens für den darauffolgenden Tag und für Sonn- und Feiertage unter den Nummern 07451/5553200 (Ita von Toggenburg) und 07451/5553700 (Bischof Sproll) möglich.

Zum Artikel

Erstellt:
30.05.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 18sec
zuletzt aktualisiert: 30.05.2020, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Wirtschaft: Macher, Moneten, Mittelstand
Branchen, Business und Personen: Sie interessieren sich für Themen aus der regionalen Wirtschaft? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Macher, Moneten, Mittelstand!