Vierschanzentournee

Das Geheimnis der Prevc-Brüder

Über die Form des Weltcup-Führenden Domen und Vorjahressiegers Peter beim Auftaktspringen in Oberstdorf kann nur spekuliert werden.

30.12.2016

Von VON MANUELA HARANT

Extremer Sprungstil: Domen Prevc' Fluglage fasziniert und besorgt die Trainer der Konkurrenz zugleich. Foto: dpa

Extremer Sprungstil: Domen Prevc' Fluglage fasziniert und besorgt die Trainer der Konkurrenz zugleich. Foto: dpa

Oberstdorf. Noch nie hat bei der Vierschanzentournee ein Springer gewonnen, der die Eröffnung der Vierschanzentournee geschwänzt hat. Wenn es nach dieser Anekdote von Tournee-Sprecher Ingo Jensen geht, sind die Chancen von Titelverteidiger Peter Prevc und Weltcup-Spitzenreiter Domen Prevc beim 65. Auftaktspringen heute in Oberstdorf (16.45 Uhr/ZDF und Eurosport) massiv gesunken. Die beiden Slowenen blieben der traditionellen Pressekonferenz vor dem ersten Wettkampf fern und zogen nach einem kurzen Wink in die Menge bei der Teampräsentation schnell von dannen.

Ob es ein Redeverbot von oben für den 17 Jahre jungen Slowenen und seinen Bruder gab oder ob die Sportler einfach ihre Ruhe wollten, dazu erhielten die Tournee-Veranstalter kein Statement. Es war der neue Abschottungs-Höhepunkt der Prevc-Familie, deren ältester Vertreter Peter (24) schon vergangene Saison nicht als sonderlich redseliger Skisprung-Vertreter galt, aber zumindest bereitwillig und höflich Fragen zu seiner aktuellen Form beantwortete.

Der Tourneesieger schwächelt

Doch vielleicht liegt gerade in dieser Thematik der Knackpunkt. Vergangene Saison ging für Peter Prevc einfach alles auf, doch nach einem Sturz gleich beim Weltcup-Auftakt in Kuusamo ist beim 24-Jährigen der Wurm drin. Praktisch zeitgleich ging der Stern seines sieben Jahre jüngeren Bruders auf, dem aufgrund seines spektakulären Sprungstils schon früh eine goldene Ära prophezeit wurde. Und hinter den beiden wartet noch der 20 Jahre alte Cene Prevc ebenfalls bei der Tournee auf seinen Durchbruch.

Das einzige, das man aus den knappen Aussagen von Domen Prevc über sein Verhältnis zu seinen Brüdern weiß, ist, dass er sie als Konkurrenten sieht. „Wir sind keine Freunde, wir nehmen unsere Rivalität ernst“, sagte der 17-Jährige jüngst. Gemeinsam haben alle Prevc-Brüder, dass das Skispringen ihr Leben ist und sie von dem Sport leben. Neben dem Trio gibt es aktuell keinen konkurrenzfähigen slowenischen Skispringer. Eine besondere und sicher nicht einfache Konstellation, wenn der erfahrene Überflieger des Vorjahres gegenüber dem ins Hintertreffen gerät, der ihm bis vor kurzem noch nacheiferte.

So wenig Domen Prevc in Oberstdorf selbst sagte, so viel wurde gestern darüber spekuliert, wie der extrem aggressiv springende Slowene nach bislang vier Weltcupsiegen mit den vier unterschiedlichen Tournee-Schanzen zurechtkommen wird. „Wenn er acht gute Sprünge macht, gewinnt er die Tournee“, prophezeit Deutschlands Coach Werner Schuster.

Sein norwegisches Pendant Alexander Stöckl, wie Schuster Österreicher, warnt jedoch in seiner typischen Art vor dem Risiko des „Domenator“-Sprungstils: „Irgendwann haut's ihn auf'd Goschn, irgendwann draht's ihn um.“ So wie Peter Prevc, der bei der Torunee-Generalprobe in Engelberg zum zweiten Mal stürzte und das Geheimnis um seine Form noch größer machte.

Solide Qualifikation

Am Ende wird nur darauf Verlass sein, dass die Prevc-Brüder alle sportlichen Fragen dort beantworten, wo sie hingehören: Auf der Schanze. Gestern in der Qualifikation zeigten sie mit soliden Sprüngen auf die Plätze 20 (Cene), 9 (Peter) und 8 (Domen), dass mit ihnen heute zu rechnen ist.

Einen besonderen Druck spürt der 17-jährige Domen dabei angeblich nicht: „Wenn ich gewinne, ist das okay. Wenn nicht, fahre ich halt wieder nach Hause“, sagte der Weltcup-Führende zuletzt. Ob er das nach dem Dreikönigsspringen auch noch so sieht, wird man aber wohl nur erfahren, wenn er auf dem Podest landet. Dann ist das Erscheinen zur Pressekonferenz obligatorisch.

Brüder und Rivalen: Domen (links) und Peter Prevc. Foto: afp

Brüder und Rivalen: Domen (links) und Peter Prevc. Foto: afp