Brachial patriotische Räuberpistole aus dem Hause Jerry Bruckheimer.

Das Vermächtnis der Tempelritter

Brachial patriotische Räuberpistole aus dem Hause Jerry Bruckheimer.

24.11.2015

Von BIRGIT ROSCHY, AP

Das Vermächtnis der Tempelritter

Ist sächsisch ein sexy Akzent? Ziemlich früh taucht im Abenteuerfilm "Das Vermächtnis der Tempelritter" eine Blondine auf, deren leichter deutscher Zungenschlag in der amerikanischen Originalfassung des Filmes nonchalant mit ihrer Herkunft aus Sachsen erklärt wird. Schön wäre es nun zu wissen, wie erstens Dr. Abigail Chase trotz ihrer scheinbar noch nicht lange zurückliegenden Einwanderung den Chefposten des amerikanischen Bundesarchivs ergattert hat, und zweitens, ob sie in der deutschen Synchronisation sächselt. Das bleibt aber der interessanteste Aspekt der Rolle des deutschen Ex-Models Diane Kruger, das schon in "Troja" so farblos war wie ein Schluck Wasser in der Kurve und hier als schöne Helden-Begleiterin fungiert.

Aber sogar Oscar-Gewinner Nicolas Cage muss in diesem routinierten Streifen nicht mehr sein als ein Pappkamerad und zieht sein abgespecktes Indiana-Jones-Programm als "Business as usual" durch. Der Archäologe Benjamin Franklin Gates ist der letzte Abkömmling einer Dynastie von Schatzsuchern, die seit der US-Staatsgründung auf der Suche nach einem sagenumwobenen Schatz sind. Und man will gar nicht so genau wissen, wie ein Schatz aus den ägyptischen Pyramiden in den Händen amerikanischer Freimaurer im 18. Jahrhundert landen konnte.

Logik stört nur in dieser patriotischen Räuberpistole, die ein anspruchsloser, aber kurzweiliger Spaß sein könnte - wäre da nicht der Overkill an nationalem Pathos, der die gewohnte Rhetorik anderer amerikanischer Filme weit hinter sich lässt. Wo Indiana Jones einst zu eigenem Nutz und Frommen die Höhlen von Ali Baba plünderte, so muss nun aus staatstragenden Gründen gestohlen werden: um nämlich einem britischen Millionär beim Klau einer nationalen Reliquie zuvorzukommen. Denn die Schatzkarte befindet sich auf der Rückseite der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.

In einer spannenden Parallelintrige versuchen sowohl Gates wie sein Widersacher die brüchige Urkunde zu rauben: der eine gentleman-like, der andere mit der Brechstange. Überhaupt sind die Denksportaufgaben dieser Abenteuergeschichte unterhaltsamer als die obligatorischen Verfolgungsjagden und Schusswechsel, die Regisseur Jon Turtletaub ( Cool Runnings", "Während du schliefst") unblutig und jugendfrei inszeniert.

Doch die rasante Schnitzeljagd zu historischen Gemäuern, wo raffinierte Schatz-Hinweise verborgen sind, wandelt sich immer aufdringlicher zur brachial-pädagogischen Nachhilfestunde für alle diejenigen, denen bisher die Floskel von "Gottes gelobtem Land" schnurzegal war. Unablässig und in schöner Unbefangenheit bläut der Film dem Zuschauer den puritanischen Gründervater-Dreiklang Freiheit, Geld und Evangelium ein: Der entscheidende Hinweis zur Lösung des Rätsels findet sich auf dem Pyramiden-Motiv des Dollarscheins, und natürlich liegt der Goldschatz unter der Kirche begraben.

Vor die Wahl gestellt zwischen seiner Abigail und der Urkunde, die zur Penunze führt, lässt Gates beim Showdown die geliebte Abigail also einfach fallen. So was hätte Indiana Jones nie gemacht, Walt Disneys Onkel Dagobert dagegen schon. Und wenn Abigail, die sich retten kann, zu Gates allen Ernstes sagt: "Ich hätte das Gleiche getan", erklimmt dieser für die familiäre Zielgruppe angerichtete Disney-Film neue Gipfel des Zynismus. Aber vielleicht hat Abigail den Satz ja ironisch gemeint.