Der Ball ist rund, Jungs dürfen weinen, das Spiel dauert 90 Minuten. Keine großen Botschaften.

Das Wunder von Bern

Der Ball ist rund, Jungs dürfen weinen, das Spiel dauert 90 Minuten. Keine großen Botschaften.

24.11.2015

Von hdl

Das Wunder von Bern

Grundgesetz hin, Währungsreform her ? die eigentliche Geburtsstunde der Bundesrepublik war der 4. Juli 1954. Im Berner Wankdorfstadion machten Sepp Herberger und seine elf Freunde gegen die ungarische Wunder-Mannschaft aus einem 0:2-Rückstand einen 3:2-Triumph. Fritz Walter, Toni Turek und Helmut Rahn gaben einer Nation Selbstwertgefühl, ein Ruck ging durch Deutschland, das Wirtschaftswunder war nur eine Frage der Zeit. Über diese Fußball-Weltmeisterschaft, gar nicht zu vergleichen mit den späteren Titelgewinnen 1974 und 1990, wollte Sönke Wortmann schon zu Filmhochschul-Zeiten einen Film drehen. 7,5 Millionen Euro bekam der deutsche Vorzeige-Regisseur, selbst übrigens 1980 mit der Sportvereinigung Erkenschwick als Verteidiger in die zweite Fußball-Liga aufgestiegen, für die Produktion des „Wunder von Bern? ? doch der Ball wird dabei arg flach gehalten.

Wortmann wollte keinen Dokumentarfilm drehen. Ein ehrenvolles Ansinnen, nur leider hat er stattdessen viel zu viele Geschichten auf einmal in den Film gestopft ? was dazu führt, dass wir über eine der Hauptpersonen, Siegtorschütze Helmut Rahn („der Boss?) außer einer gewissen Bierneigung nichts mehr erfahren. Mit der Familie Lubanski in Essen-Katernberg bewältigt Wortmann die eigene Vergangenheit ? sein Vater war wie Richard Lubanski (stark: Peter Lohmeyer) Spät-Heimkehrer, und auch die Kaninchen des kleinen Sönke fielen einst einem Familien-Essen zum Opfer. Der Faden geht endgültig verloren, als der Sportreporter Ackermann samt Gemahlin ins Drehbuch hinein gepresst wird ? die unvergesslichen Kommentare und den Torschrei des Rundfunkreporters Herbert Zimmermann („Halten Sie mich für verrückt, halten Sie mich für übergeschnappt?) hätte man lieber im Original gehört.

Als eine Putzfrau dem grübelnden Sepp Herberger im Hotelflur zur Erkenntnis der Fußball-Weisheit verhilft, hat der Film seinen besten Moment. Ansonsten unterlaufen Wortmann bei seiner nach eigenem Bekunden besten Regie etliche, sehr pathetische, Fehlpässe. Hinter den Erwartungen bleiben auch die Fußball-Szenen zurück, für die aus 1500 Kickern die passenden Kandidaten gecastet wurden. Die Final-Szenen aus dem digitalisierten Wankdorf-Stadion erinnern an ein Play-Station-Spiel ? immerhin hat Rahn aus dem Hintergrund geschossen.